EuroBLECH 2022: Schwerpunkt des Blechformens auf der EuroBLECH war für Klempner/Spengler und Metallleichtbauer die Biegetechnik. Gemeinsames Ziel der Aussteller: Weniger Personal für mehr Biegeteile und hoffentlich bald funktionierende Lieferketten.
Vom Start weg war die Fachmesse EuroBLECH 2022 sehr gut besucht, besonders die für Klempner/Spengler und Metallleichtbauer interessante Schwerpunkthallen 11 und 27. Hier wurden vor allem neue Biegetechniken, Updates der Maschinensteuerungen und viele weitere Optimierungen zumeist live präsentiert. Darüber hinaus wurden auf den Messeständen interessante Betriebs- und Lagerausrüstungen bis hin zu Elektro- und Handwerkszeugen gezeigt, die dem Blechverarbeiter das Leben in der Werkstatt und auf der Baustelle erleichtern. In Zeiten des Fachkräftemangels, von dem mittlerweile auch die Industrie betroffen ist, ging es bei allen neuen Features um die Optimierung von Produktions- und Arbeitsprozessen, also letztendlich um Zeitersparnis. Einmal mehr wurde deutlich, dass es sich bei der EuroBLECH nicht nur um ein europäisches, sondern um ein weltweit bedeutendes Treffen der gesamten Wertschöpfungskette der Blechbearbeitung handelt, was alle Aussteller beim Besuch der Redaktion KlempnerMagazin auf den Messeständen bestätigen konnten. So interessierten sich viele Besucher auch aus den USA und Asien für Blechbearbeitungstechnologie „Made in Europe“. Einig waren sich Hersteller von Biegemaschinen beim aktuellen Lieferkettenproblem – für die meisten Aussteller ein echtes Reizthema. Denn zur Fertigstellung der Maschinen fehlten wichtige Bauteile, insbesondere Mikrochips für die komplexe Elektronik.
Mehr Teile in einem Biegevorgang
Hiervon ist auch die Firma Sperr und Lechner betroffen, die Biegenmaschinen der Produktlinie „Biegemaster“ herstellt: „Wir haben zurzeit wirklich kein Problem in der Nachfrage, die Auftragslage könnte nicht besser sein. Es hakt vor allem bei der Produktion und somit bei der Auslieferung unserer Maschinen“, berichtet Geschäftsführerin Bettina Wirth: „Wir können unseren Kunden im Augenblick weder verbindliche Lieferzeiten noch Liefertertemine bestimmen. Auch die Kostensteigerung bei Materialeinkauf und die Logistik bei der Produktion sind ein Problem, da uns unfertige Maschinen im Wege stehen. Was uns tröstet ist der Umstand, dass wir mit dem Problem nicht allein dastehen“, so Bettina Wirth. Trotz aller Umstände präsentierte das Unternehmen neue Features für ihre Biegemaster. So ermöglicht ein neuer Blechauflagetisch mit den zugehörigen Greifern der Doppelbieger-Serie XBEND das Kanten von gleichzeitig mehreren Biegeteilen in einem Biegevorgang. Die Maschine ist in Biegelängen von 3-12 m bei Biegeleistungen von 1,25 – 2,0 mm lieferbar und verfügt über die intuitiv bedienbare Steuerung mit großem Funktionsumfang „BMS“ mittels Multi-Touch-Display.
Neue Steuerungsgeneration
Die Jorns AG stellt zum ersten Mal bei der EuroBlech gemeinsam mit den Herstellern Krasser GmbH und Spolka Stolarczyk aus. Ihre Kunden sind in der Spengler-, Dachdecker- Fassadenbauerbranche angesiedelt, die zum Teil Maschinen aller drei Hersteller erfolgreich im Einsatz haben. „Es gibt eine klar zunehmende Nachfrage im Markt, Zuschneideanlagen, Biegemaschinen und auch Ab- und Aufwickler der Blechbänder zu kombinieren und diese miteinander kommunizieren zu lassen. So werden Kapazitäten und Produktivität gesteigert und Fehleranfälligkeit sowie Materialverbrauch reduziert“, berichtet Marc Jorns. Die Besucher konnten auf dem Jorns Messestand viele Neuheiten entdecken, beispielweise eine neue Steuerungsgeneration, die zusammen mit dem Wiener Softwareunternehmen MicroSea entwickelt wurde. Die Maschinensteuerung JC100 bietet eine direkte Schnittstelle zur Bendex Enterprise Suite. Die direkte Integration lässt es zu, dass ein Biegeprofil, welches beispielsweise aus Kantungen, Ausklinkungen, Löchern, Gehrungsschnitten besteht, direkt aus dem übergelagerten Bendex-System bezogen werden kann. Ein manueller und dateibasierter Datenexport ist somit nicht mehr nötig.
Ansaugen, scheiden, biegen
Als neue „Hardware“ präsentierte das Schweizer Maschinenbauunternehmen die elektrisch angetriebene Rollenschere Jorns SE2 mit einem einstellbaren Rollenscherenkopf. Der Luftspalt sowie die Überdeckung der Rollen kann hiermit je nach Materialqualität und Materialdicke präzise justiert werden. Um die Gesamtproduktivität durch einen automatisierten Beladeprozess zu steigern, gibt für die JDB-Biegemaschine jetzt den optionalen Seiteneinzug „JS“. Bleche mit einer Dicke bis 3,0 mm Stahl und einer Breite von bis 1.000 mm können vom Stapeltisch links der Maschine angesaugt und mit einer Geschwindigkeit von bis zu 2.000 mm/s in die Maschine eigezogen werden. Auch Marc Jorns berichtete von einer sehr guten Auftragslage seines Unternehmens, das ebenso wie viele andere Mitbewerber unter dem Lieferkettenproblemen leidet. „Leider mussten wir Lagerhallen anmieten, um unsere unfertigen Biegemaschinen zwischenzulagern. Das ist zwar kostspielig, aber nur so können wir in unseren Produktionsstätten weiterarbeiten. Da das Problem die gesamte Branche betrifft, zeigen die meisten Kunden Verständnis für die derzeitige Situation“, beklagte Marc Jorns.
Multifunktionale Blechbearbeitung
Auf dem Messestand bei Cidan Machinery wurde die breite Maschinenpalette für die Blechbearbeitung gezeigt, vom Biegen und Profilieren bis hin zum Coilmanagement. Hierzu zählte auch der Thalmann TD Doppelbieger mit modular integrierbaren Automationseinheiten. Im Rahmen der Messe Metalcon in Indianapolis wurde die Maschine mit dem begehrten Top Produkt Award ausgezeichnet. Auf der diesjährigen Euroblech in Hannover präsentierte Cidan das TD-Modell erstmalig mit allen drei Automationseinheiten: dem seitlichen Blecheinzug, der Blechwende- und der Blechentnahme-Einheit. Auch eine 14 Meter lange Forstner Mehrfach-Abcoilanlage mit integriertem Scherenhubtisch und vollautomatischem Materialwechsel konnten Messebesucher in voller Funktion begutachten.
Komfortable Zwei-Millimeter-Klasse
War die Schwenkbiegemaschine MPB mehr als 20 Jahre lang in Klempnerwerkstätten im Einsatz, stellte die Schröder Group auf der EuroBLECH erstmals ihre Nachfolgerin PowerBend Multi vor. Das Grundkonzept für die Bearbeitung von 2,0 mm Blechen auf 3.200 mm Länge wurde um einige Merkmale ergänzt, die bisher in einer Maschine dieser Klasse nicht selbstverständlich waren. Die Oberwange der PowerBend Multi kann mit Werkzeugen verschiedener Höhe bis 170 mm bestückt werden und ist nun auch als drehbare Oberwange verfügbar. Die zweite Werkzeugstation ist im Handumdrehen einsatzbereit. Platz für komplexe Werkstücke war den Schröder-Entwicklern bei der Neukonzeption besonders wichtig. So hat die PowerBend Multi mit 160 mm Oberwangenhub eine schräge Unterwange und eine zurückgesetzte Biegewange. Darüber hinaus ist die Maschine nun auch mit einem Anschlag zum konischen Biegen ausgerüstet. Dieser ermöglicht die präzise Herstellung steckbarer Profile zum Beispiel für Attikaabdeckungen, Dachrandabschlüsse, Ortgangbleche oder Verkleidungen mit Gefälle. Neu bei einer Maschine dieser Klasse ist außerdem die Zentralbombierung. Die Werte für deren Einstellung können gemeinsam mit den Biegeprogrammen in der Steuerung abgelegt und aufgerufen werden.
Serienbiegen in der Zelle
Der italienische Maschinenhersteller Euromac präsentierte auf der EuroBLECH automatisierte Stanz- und Biegetechnik für den industriellen Einsatz - auch im Handwerksbetrieb. So setzen Metallleichtbau- und Klempner-Fachbetriebe, die sich auf Wandbekleidungen spezialisiert haben, vermehrt CNC-gesteuerte Stanzmaschinen wie die Euromac XT ein. Für den individuellen Workflow in den Produktionsstätten hat der Maschinenhersteller ein optimiertes Stanzmaschinenkonzept vorgestellt. Dies zeichnet sich durch die Auswahlmöglichkeit zwischen elektrischem, hydraulischem oder Hybridantrieb aus. Mit dem Hybridantrieb kombiniert die XT die Kraft der Hydraulik mit der Präzision und Geschwindigkeit der elektronischen Steuerung. Für großes Interesse bei den Messebesuchern sorgte auch die vollautomatisierte und roboterunterstützte Biegezelle Fx Bend. In unterschiedlichen Konfigurationen können Kantteile von 1020 bis 2550 mm vollautomatisch per Roboter in die Maschine eingelegt, gebogen und wieder abgelegt werden – bis hin zur Palettierung auf eine Europalette.
Werkzeuge für den Dauerbetrieb
In der Schwerpunkthalle 11 gab es nicht nur Großmaschinen, auch die handwerkliche Blechbearbeitung kam nicht zu kurz. Für Aufmerksamkeit sorgten hierbei die Elektrowerkzeuge auf dem Trumpf Messestand. Denn an der Work-Station wurde es laut, wenn Silke Kastner (Leiterin Vertrieb und Marketing International) und Philipp Herwerth (Leiter Vertrieb und Marketing Deutschland) ihre Elektrowerkzeuge live präsentierten. Zu den Exponaten zählten Auflagenleistenreiniger, Kantenfräser und verschiedene Blechscheren, Nibbler oder Panelcutter der TruTool Serie. Als einziger Vertreter der Klempner-Branche für Bleche und Bänder präsentierten Patty Treffers, Harald Schlegel und Lutz Felder von SSAB Swedish Steel GmbH ihr Greencoat Programm für Dach, Fassade und für die Dachentwässerung.
Die nächste EuroBLECH findet vom 22. bis 25. Oktober 2024 auf dem Messegelände in Hannover statt.
Weitere Informationen:
www.euroblech.de