Mit besonderem handwerklichen Geschick stellten die Azubis in der Klempnerwerkstatt Blechteile für Haushalt und Bautechnik her. Abbildung: Klempner- u. Kupferschmiedemuseum

Wissen 2014-06-17T00:00:00Z Azubis im 15. Jahrhundert

Der Klempnerberuf zählte im Mittelalter hinsichtlich der Vielfalt der verschiedenen Arbeiten sowie der hierzu erforderlichen Geschicklichkeit zu den interessantesten und lehrreichsten Gewerbeberufen.

Bereits im 15. Jahrhundert war Lehrlingswesen für den Zunftvorstand von besonderer Bedeutung. So waren 1434 sechs Jahre Lehrzeit bei Kost und Verpflegung vorgeschrieben. In den beiden ersten Jahren musste der Lehrling für seine Kleidung selbst aufkommen, die weiteren vier Jahre der Meister. Dieser erhielt von der Zunft einen Zuschuss von 70 Gulden sowie den erforderlichen Hausrat wie Bett, Kissen … Alle diese Gegenstände mussten mitsamt der 70 Gulden dem Zunftvorstand nach Beendigung der Lehre wieder zurückgegeben werden. In einer neuen Handwerksordnung von 1562 wurde die Lehrzeit auf drei Jahre festgesetzt. Neben einem Lehrling sollte der Meister fortan zwei Gesellen in seiner Werkstatt anstellen können. Die Übertretung der Ordnung hatte eine Buße von einem Gulden zufolge. Die Hälfte davon kam in die Zunftkasse, die andere Hälfte fiel der „Lade“ des eigenen Handwerks zu. Nach dem Dreißigjährigen Krieg wurden 1646 die Bestimmungen in einer Taxordnung festgelegt. Wer den Gürtler, Scheidenmacher oder Spenglerberuf erlernen wollte, hatte eine Lehrzeit von vier Jahren zu absolvieren und dafür zu bezahlen. Dies waren, nebst einem Trinkgeld von 2 Pfund und 10 Schilling, bei den Gürtlern 30 Pfund und bei den Spenglern maximal 40 Pfund. Ein Pfund entsprach 20 Schilling, ein Schilling war 12 Pfennige wert. Zum Vergleich: Für ein großes blechernes Schreibzeug bezahlte man 15 Schilling. Der Weinhändler verlangte für eine Maß guten Rotweins drei Schilling, ein kleines blechernes Milchhäfelein kostete zwei Schilling. Zum selben Betrag konnte man sich beim Bader („Mediziner“) zur Ader lassen oder einen Haarschnitt erhalten.

Beruf mit Ansehen
Beim Blick auf die schulische Ausbildung jener Zeit beeindruckt noch heute die Vielfalt und das künstlerische Niveau der Blecharbeiten. Mit besonderem handwerklichen Geschick stellten die Azubis lackierte Waren aus Eisenblech, gegossenem Zinn, Kupfer oder Papiermaché und Karton her. In dieser Zeit entwickelte sich mit dem Anstieg der Bevölkerung auch die Bauklempnerei. Das Beispiel der Stadt Berlin ist der Beweis dafür, dass Ansehen und Umfang, vor allem aber die erforderlichen Kenntnisse derart wuchsen, dass es uns heute noch erstaunen lässt. Der Klempnerberuf zählte in der Hauptstadt hinsichtlich der Vielfalt der verschiedenen Arbeiten sowie der hierzu erforderlichen Geschicklichkeit zu den interessantesten und lehrreichsten Gewerberufen.

Bevor der Gesellenbrief (früher „Lehrbrief“) ausgehändigt wurde, mussten die Azubis der Prüfungskommission ein selbstgefertigtes Gesellenstück zur Begutachtung vorlegen und im Beisein von mindestens drei Meistern eine Arbeitsprobe anfertigen. Abbildung: Klempner- u. Kupferschmiedemuseum

Ausbildungsbetrieben und Schulen war es schon damals wichtig, das nötige Fachwissen qualifiziert zu vermitteln. Neben der praktischen Arbeit, einschließlich der Hart- und Weichlötung, sowie der Feuerverzinnung lehrte man auch Geschäftsführung, Kalkulation und Warenkunde. Der kunsthandwerkliche Unterricht wurde besonders in München gepflegt. Er erstreckte sich auf Zeichnen, Modellieren und Metalltreibarbeiten. Die Ausbildung in den Schulen dauerte zwei Jahre; es musste aber eine Lehrzeit (vier Jahre beim Meister) und eine Gesellenzeit von zwei Jahren vorangegangen sein. Bei der Prüfung musste der Prüfungskommission ein selbstgefertigtes Gesellenstück zur Begutachtung vorgelegt werden und im Beisein von mindestens drei Meistern war eine Arbeitsprobe anzufertigen. Anschließend erfolgte eine schriftliche und eine mündliche Prüfung. Diese Ausbildungsform und -dauer, auch die Prüfungsmethoden vor beauftragten Meistern der Handwerkskammer, hat sich im Prinzip bis heute erhalten.

Lehrlinge einst, Azubis heute: Damals war es schwer, einen geeigneten Ausbildungsplatz zu finden, zudem musste Lehrgeld bezahlt werden. Heute haben sich die Verhältnisse umgekehrt und Ausbildungsplätze können oft nicht besetzt werden, obwohl die Berufsaussichten mit der Weiterbildungsmöglichkeit zum Fachingenieur Gebäudehülle besonders gut sind.

Quelle: Festschrift zum 25. Jubiläum der
Stiftung Klempner- und Kupferschmiedemuseum

zuletzt editiert am 15. April 2021