Digitalisierung: Digitale Planung, moderne Fertigungstechniken und kreative Produktentwicklung sorgen in Zürich für ein lebendiges Architekturerlebnis. In enger Zusammenarbeit von Spenglerhandwerk und Architektur entstand ein ausgeklügeltes Fassadensystem mit parametrisch geformten Blechelementen aus Titanzink.
Spengler erstellen immer mehr Gebäudehüllen aus Metall in serieller Bauweise. Hierbei ist eine exakte und detaillierte Vorplanung der Bauobjekte grundsätzliche Voraussetzung. Wie dies perfekt gelingen kann, stellte die Carl Meier Sohn AG mit ihrem selbst entwickelten „parametrischen“ Fassadensystem unter Beweis. Auf einer schmalen, aber langen Parzelle entstanden in Zürich zwei fünfgeschossige Mehrfamilienhäuser, deren außergewöhnliche Gebäudehülle aus speziell gekanteten Sechseck-Blechzuschnitten besteht. Die Elemente sind aus werkseitig vorbewittertem Titanzink des Fabrikats VM Zinc in den zwei Farbtönen Pigmento Green und Grey hergestellt und in der vertikalen Achse gekantet. Dank ausgeklügelter Schlitzungen lassen sich die einzelnen Teile überlappend zusammenstecken. Das System wurde „Parafa“ getauft, eine künstlerische Abkürzung von „parametrischer Fabrikation“. Die rund 14.000 Elemente bestehen aus 82 verschiedenen Zuschnitten. Diese sind bei den Wohngebäuden so geplant und geformt, dass sich die Bekleidung ohne Sonderbauteile um die Gebäudeecken führen ließ.

Planen, ausführen, Werte schöpfen
Die auf Industriedesign und Architektur spezialisierte Vektor Node Design AG betreute Carl Meier Sohn AG bei allen Projektphasen, von der Planung über die Erstellung der detaillierten 3D-Modelle, Detailzeichnungen und Konstruktionskonzepte bis hin zu den Fertigungsplänen. Unter anderem entwickelten sie einen Algorithmus für die Generierung der Spezial-Parafen, etwa für Fensteranschlüsse, sowie einen Algorithmus für die Erstellung der ganzen Unterkonstruktion, welche genau auf jede einzelne Parafe abgestimmt ist. Vektor Node erstellte auch die Produktionsdateien für die Laser- und Biegemaschinen.

Hierzu berichtete Remo Gaus, Projektleiter und Eidg. dipl. Spenglermeister:
„Unsere Metallfassade ist ein Beispiel dafür, wie die Digitalisierung das traditionelle Spenglerhandwerk nicht ersetzt, aber unverzichtbar wird. Mit der Digitalisierung haben wir ein Werkzeug erhalten, mit dem wir das traditionelle Spenglerhandwerk auf neue und aufregende Weise voranbringen können. Die beiden Neubauten wurden an unserem ehemaligen Firmenstandort erstellt. Üblicherweise kommen die Architekten mit einem bereits gestalteten Projekt auf uns zu, aber bei diesem Projekt waren wir die Bauherrschaft. Das eröffnete uns die spannende Möglichkeit, unsere eigenen Ideen verwirklichen zu können. Der Anspruch an das Projekt war, etwas Neues zu gestalten: Eine Fassade, die es so noch nicht gab. Natürlich musste es eine Metallfassade sein, aber nicht aus Falzbahnen, Blechrauten, Leisten, Paneelen oder Kassetten - wir wollten etwas Neues, Außergewöhnliches. Die Fassade sollte vom Spenglerhandwerk erstellt werden können, sodass die Wertschöpfung auch beim Handwerk bleibt. Dämmung, Unterkonstruktion, Fensterzargen und natürlich die Blechprofile aus Titanzink für die Fassade konnten durch Carl Meier Sohn AG realisiert werden.“

Mit der parametrischen Gestaltung sind der Kreativität der Architekten und Bauherren kaum Grenzen gesetzt: Einzigartige Muster und verschiedenste Formen und Materialien - mit dem Spiel von Licht und Farbe lassen sich zusätzlich außergewöhnliche Designs realisieren.

Spiel mit Licht und Farbe
Das Projekt war für die Goldene Spenglerarbeit der Schweiz nominiert. Hier ein Auszug aus den Statement der Jury:
Der Neubau der zwei kubischen Mehrfamilienhäuser in Zürich ist ein architektonisches Meisterwerk, das den städtischen Raum bereichert. Die Verwendung von vorbewittertem Titanzink für die Fassadengestaltung in zwei unterschiedlichen Farben ist eine mutige und kreative Entscheidung und die aus kleinformatigen ineinander gesteckten Waben eine echte Neuheit. Die Verwendung von 3D-Modellen zur Gestaltung dieser Fassadenstruktur zeigt das hohe Maß an Innovation und Technologie, das in das Projekt eingeflossen ist. Das Spiel von Licht und Farbe, das durch die Wabenstruktur erzeugt wird, verleiht dem Gebäude eine dynamische und lebendige Erscheinung. Die Bekleidung reagiert auf die sich verändernden Lichtverhältnisse im Laufe des Tages und schafft eine einzigartige visuelle Wirkung. Dieses Projekt ist nicht nur ein Hingucker in der Zürcher Architekturszene, sondern auch ein inspirierendes Beispiel dafür, wie Kreativität und Innovation von Spenglermeistern den städtischen Raum bereichern.

Lesen Sie den ausführlichen Bericht in KlempnerMagazin Ausgabe 4/2025