Titelthema: Bei der Umgestaltung eines Verkehrsknotenpunktes in Sydney mussten komplex geformte Tunneleinfahrten mit Titanzink bekleidet werden. Auf die Spenglerei-ARC kam damit eine spannende Planungsaufgabe und Produktionsleistung zu. Besondere Erfahrung in der Baustellenlogistik erforderten die ebenso komplexen Montagebedingungen.
WestConnex ist das umfangreichste Straßenbauprojekt Australiens – ein 33 km langes, weitgehend unterirdisches Autobahnsystem in Sydney, das verschiedene Autobahnabschnitte verbindet. Die Fertigstellung erfolgte in der Zeit 2016 bis 2023 in mehreren Etappen. Die Anreise aus der Vorstadt wurde von vormals 58 Minuten auf jetzt 19 Minuten reduziert – das sind über 200 Stunden gesparte Fahrzeit pro Jahr. Die Zugänglichkeit zu vielen Jobs, Pendelzeiten und Reichweite haben sich damit deutlich verbessert. Doch noch bis heute sind Baumaßnahmen an der Oberfläche und im Untergrund des Verkehrssystems im Gange. Hierzu zählt unter anderem der „Rozelle Interchange“, der letzte zentrale Abschnitt von WestConnex. Es handelt sich hierbei um eines der größten und komplexesten unterirdischen Verkehrsknotenpunkte der Welt, mit drei Tunnel-Ebenen bis zu 65 m Tiefe. Oberhalb der Tunnelanlage entstand die 10 Hektar große Grünflächenanlage „Rozelle Parklands“ mit Rad- und Fußwegen, Spielplätzen, Picknickflächen und Feuchtgebieten.
Turbulente Luftströmungen
Die Einfahrt in die Tunnelanlagen kündigt sich bereits aus weiter Entfernung an. Aus den drei riesigen Betontürmen für die Be- und Entlüftung des Tunnelsystems gestaltete das Chris Fox Designstudio (www.studiochrisfox.com) ein besonderes Kunstwerk – es gilt mittlerweile als städtebauliches Wahrzeichen Sydneys. „Die modulierten Zinkverkleidungen und die gewundenen Stahlkonstruktionen sollen auf die turbulenten Luftströmungen in der Tunnelanlage verweisen und die räumlichen Bewegungen des riesigen unterirdischen Straßennetzes projizieren“, erklärt Chris Fox. Dieses „lebende System“ umhüllt die Türme und erstreckt sich als Brücke über den Köpfen der Fußgänger und Radfahrer, während begrünte Fassadenmodule die herausragenden Lüfter in die umgebende Parklandschaft integrieren. Die parametrische Planung der aus Rohren geformten Netzstruktur erfolgte in seinem eigenen 3d Modeling-Team. ARC Architectural Roofing & Wall Cladding produzierte und lieferte exakt 10.009 Schindeln aus hell- und dunkelgrau vorbewittertem Titanzink. Bei diesem Bauprojekt war das jedoch die leichteste Aufgabe des Unternehmens mit Standorten in Sydney und Melbourne.





Digital designed
Mit parametrischer Konstruktion und dem sogenannten DFMA-Prinzip lassen sich außergewöhnliche Architekturideen bis zur Werk- und Ausführungsplanung weiterentwickeln – komplexe Designs werden mit veränderbaren Parametern gestaltet. Der Begriff DFMA (Design for Manufacturing and Assembly) stammt aus der industriellen Produktentwicklung und bedeutet Konstruktion für Fertigung und Montage. In der Bautechnik und Architektur überträgt man diesen Ansatz auf die Planung und Realisierung von Gebäuden und Baukomponenten. Bereits in der Entwurfs- und Planungsphase werden hierbei alle Schritte der späteren Fertigung (Produktion der Bauteile) und Montage (Zusammenfügen auf der Baustelle) berücksichtigt. Ziel ist es, den Bauprozess kostengünstiger und fehlerärmer zu machen. Bauteile werden unter kontrollierten Bedingungen im Werk produziert (z. B. Unterkonstruktionen, Fertigteile, Fassadenelemente). Sie sind so konstruiert, dass sie auf der Baustelle schnell, sicher und mit wenig Nacharbeit zusammengesetzt werden können. Im Grunde handelt es sich bei einem DFMA-Prozess im Bauwesen um eine methodische Vorgehensweise, Gebäude und Bauteile so zu entwerfen, dass ihre industrielle Fertigung und spätere Montage möglichst effizient und reibungslos ablaufen können – also eine Art „Industrialisierung des Bauens“.
Herausfordernde Bedingungen, starke Kompetenzen
Die zuvor beschriebene Arbeitsweise hat das australische Spengler-Unternehmen ARC Architectural Roofing & Wall Cladding bereits seit vielen Jahren und an vielen Projekten verwirklicht, so auch beim Rozelle Interchange. Bestens vernetzt mit Architekten, Planern und externen Montagebetrieben für Spezialaufgaben, verarbeiteten das Team von ARC Geschäftsführer Juerg Wilk und der Montagebetrieb DSI Facades am Verkehrsknotenpunkt rund 70 Tonnen Titanzink. Hierzu berichtet Volker Raedel, der seit über 20 Jahren leitender Angestellter bei ARC ist: „Wir haben das Projekt nicht ohne Grund zusammen mit DSI durchgeführt. Insbesondere bei der Bauausführung von Infrastrukturprojekten herrschen hier in Sydney für die Handwerksunternehmen sehr strenge Arbeitsbedingungen. Nahezu jeder Handgriff muss geplant und geregelt sein, jede kleinste Änderung ist anzumelden. Wer die Feinheiten nicht kennt und auch Vorschriften nicht beachtet, wird schnell ermahnt. Und wir sprechen aus Erfahrung. Sehr sensibel gehandhabt wird beispielsweise die Helmpflicht oder das vorschriftsmäßige Be- und Entladen eines Lieferfahrzeugs. Besonders aufmerksam überwacht – dies jedoch zurecht – ist die Einhaltung der hohen Brandschutzvorschriften bei allen Arbeiten im und am Tunnel. Wer diese nicht einhält, ist direkt Ansprechpartner für die Security vor Ort oder hinter den Überwachungskameras. Profi im Umgang mit den herausfordernden Bauvorschriften für die Arbeiten an Sydneys Tunneln und dem stets aufmerksamen Sicherheitsbeauftragten ist die Firma DSI. Als Profi in der Herstellung und Konstruktion komplexer Gebäudehüllen aus Metall passten wir bei diesem Projekt perfekt zusammen.“
CAD meets Blechschere
Damit es in der Bauausführung nicht zu teuren Fehlzeiten kommt, investiert ARC stets viel in die Arbeitsvorbereitung ihrer Projekte. Auch die kleinsten Details und Bauabläufe werden stets akribisch geplant und zum Teil 1:1 modelliert. Eine leistungsfähige CAD-Software gehört deshalb im Unternehmen zum Standardwerkzeug wie die Blechschere zum Spengler. Das Unternehmen setzt für die Planung und Visualisierung von Dächern und Fassaden die Software CATIA 3d Experience ein. „Die Applikation ermöglicht ein sogenanntes 3D Modelling, das alle erforderlichen Komponenten bis ins kleinste Detail einbezieht. Planungsänderungen sind problemlos umsetzbar, da die Software alle betroffenen Bauelemente per Mausklick entsprechend anpasst. Parametrisches Planen ist bei uns schon lange kein Fremdwort mehr und seit vielen Jahren gängige Praxis“, berichtet Volker Raedel. Mit diesem Planungsverfahren entstand auch die Produktions- und Ausführungsplanung der in Teilen dreidimensional geformten Wandbekleidungen, wie beispielsweise an der sogenannten „Battleship-Nose“ (Schlachtschiff-Nase).
Unikate für die Battleship-Nose
Doch zunächst projizierte Spenglermeister Juerg Wilk – auch bei aller verfügbaren CAD-Technik – die geistige Entwicklung einer komplexen Konstruktion als Skizze auf ein Blatt Papier. Diese wurde im Planungsteam bis zur finalen Produktions- und Montageplanung mit allen Stücklisten digital weiterentwickelt und am 1:1 Modell (Mockup) getestet. Mittlerweile ist Juerg im verdienten Ruhestand. Seinen Erfahrungsschatz hat er nicht für sich behalten. Dieser lebt in seinem Team weiter – kreativ und offen für alles Neue. Die erarbeitete, aus Brandschutzgründen komplett metallische Unterkonstruktion besteht aus vertikalen L-Profilen, die mittels Konsolen auf dem Traggrund aus Beton zu befestigen waren. Insbesondere die vertikal angeordneten und an den L-Profilen zu befestigenden Zahnleisten sorgten für die formgebenden dreidimensionalen Rundungen der Wandbekleidungen. Somit ist in den gewölbten Fassadenbereichen jede per Laser individuell zugeschnittene Einzellänge ein Unikat. Die in gleichmäßigen Abständen angeordneten Ausklinkungen an der Außenseite dienen zur flächenbündigen Aufnahme der Paneele aus verzinktem Stahlblech. Diese wiederum sind die Deckunterlage für die Winkelstehfalzbekleidungen aus vorbewitterten Titanzink.
Megaprojekt Sydney
„Die Tunnel sind seit geraumer Zeit voll in Betrieb und haben für Entlastung gesorgt. Doch an vielen Stellen wird noch gebaut, ob technische Gebäude oder sonstige Lüftungsbauwerke. Es wird auch in der Zukunft jede Menge Arbeit auf uns zukommen, denn die Optimierung der Infrastruktur Sydneys ist ein Megaprojekt. Deshalb freuen wir uns auf jeden Klempner und Spengler, der Lust hat, Teil unseres Teams zu werden, und an großartigen Projekten mitarbeiten möchte“, informiert Volker Raedel.
Weitere Informationen:
https://arcroofing.com.au/