Das Foto zeigt die Bundesfachgruppe Klempnertechnik.
Im November trafen sich die Landesvertreter der Bundesfachgruppe Klempnertechnik des ZVSHK zur turnusgemäßen Fachtagung in Kiel. (Quelle: Siepenkort/KlempnerMagazin)

Wissen 2024-01-09T08:41:30.920Z Haften, Normen, Zukunftsprojekte

Im November trafen sich die Landesvertreter der Bundesfachgruppe Klempnertechnik des ZVSHK zur turnusgemäßen Fachtagung – diesmal in Kiel. Während am ersten Tag Fachthemen referiert und diskutiert wurden, ging es am zweiten Tag zu den Deutschen Meisterschaften der Klempner an den Ostseekai.

Am 16. und 17. November luden ZVSHK Referent Klempnertechnik Michael Kober und Bundesfachgruppenleiter Ulrich Leib zur jährlichen Fachtagung ein. Aus besonderem Anlass fand die Tagung nicht wie üblich im Europäischen Klempner- und Kupferschmiedemuseum in Karlstadt, sondern im Fachverband SHK Schleswig-Holstein in Kiel statt. Denn am 17.11. kämpften im Terminalgebäude des Ostseekais Kiel sechs Landessieger im Klempnerhandwerk um den Titel des Deutschen Meisters. Einen Besuch dieses wichtigen und öffentlichkeitswirksam ausgetragenen Wettbewerbs ließen sich die rund 40 Teilnehmer der Bundesfachgruppe natürlich nicht entgehen. Deren besondere Wertschätzung der erbrachten Leistungen im schweißtreibenden Wettbewerb vor breitem Publikum haben sich alle jungen Klempnergesellen auch redlich verdient. Für den Fachtag am Tag zuvor stellten Michael Kober und Ulrich Leib wieder ein abwechslungsreiches Programm mit aktuellen Informationen und interessanten Vorträgen zusammen. Sie sorgten wie immer für viel nützlichen Input und regen Meinungsaustausch.

Befestigungstechnik: Sachstand zum Thema PV

Michael Kober erläutert zunächst den aktuellen Sachstand zum Thema PV. Dieser begann zunächst mit einem Rückblick auf das im Zeitraum zwischen 2017 und 2019 durchgeführte Forschungsprojekt „Tragverhalten von Haften in Doppelstehfalzdächern“, kurz TraHaDo. Darin ging es um die Untersuchung zur Tragfähigkeit von Haften unter Belastung senkrecht und parallel zur Dachhaut. Ziel des Forschungsvorhabens war es, Grundlagen für den Nachweis von Dachaufbauten (Schneefangvorrichtungen, Absturzsicherungen, Dachbegehungssystemen, Solaranlagen, …) zu schaffen, die auf der Dachhaut mit ebenfalls nachweisbaren Falzklemmen oder anderen Befestigungsmitteln montiert werden (s. auch Forschungsbericht „Zukunft Bau“ Projektnummer 10.08.18.7-17.05). Der vermehrte Einsatz von Dachaufbauten auf Metalldachkonstruktionen erfordert die bauaufsichtlich durchgängige Nachweisbarkeit der Befestigungen.

Um möglichst zügig eine Möglichkeit für einen einheitlichen Nachweis zu schaffen, kooperierte die DACHS-Gruppe im Vertrauensverhältnis mit den damaligen Bundesvorsitzenden der österreichischen Dachdecker, Glaser und Spenglerinnung, Othmar Berner und Ernst Zimmermann, die nicht nur durch ihr Amt Mitglieder der DACHS-Gruppe waren, sondern auch Teilhaber der Firma SBZ-Dachtechnik GmbH sind.

Durch die Firma SBZ-Dachtechnik sollte in Anlehnung an die Erkenntnisse aus dem Forschungsvorhaben ein EAD (European Assessment Document) erstellt und den übrigen Haftenherstellern als Grundlage für eine eigene ETA (European Technical Assessment) zur Verfügung gestellt werden. Jedoch kündigte SBZ am Ende des vergangenen Jahres gegenüber dem ZVSHK an, die Kommunikation zur DACHS-Arbeitsgruppe einzustellen, deren Mitglieder Experten der Spenglertechnik aus Deutschland, Österreich, der Schweiz und Südtirol sind. „Dem vorausgegangen war zunächst das Ausscheiden von Herrn Berner und Herrn Zimmermann aus der österreichischen Bundesinnung. Zwar sind die auf die beiden ehemaligen Vertreter gefolgten österreichischen Verbandskollegen um Klärung bemüht, eine Klarstellung über die weitere Zusammenarbeit steht aktuell jedoch noch aus. Insgesamt ist zu sagen, dass auch die Pandemie dazu beigetragen hat, dass sich das Verfahren zur Erstellung des EAD länger als gewünscht erstreckt“, so erklärte Michael Kober.

Um die Akzeptanz eines einheitlichen Nachweises zur Prüfung von Haften zusätzlich zu erhöhen, schlug der ZVSHK-Referent vor, unabhängig von den bisherigen Bemühungen in Sachen EAD eine eigene hEN-Norm* zur Prüfung von Haften zu etablieren (*h = harmonisierte Europäische Norm). Harmonisierte Normen sind eine besondere Kategorie europäischer Normen, deren Erarbeitung von der Europäischen Kommission bei einem europäischen Normungsgremium in Auftrag gegeben wird. Mit der Einhaltung harmonisierter Normen stellen Anwender unter Beweis, dass ihre Produkte oder Dienstleistungen im Einklang mit den technischen Anforderungen der einschlägigen EU-Rechtsvorschriften stehen (www.europa.eu).

Fortbildung: PV-Manager kommt

Das Berufsförderungswerk des Zentralverbands Sanitär Heizung Klima bereitet in Kooperation mit dem ZVDH für Klempner/Spengler die Qualifizierung zum PV-Manager im Klempnerhandwerk vor. Aktuell erarbeitet ein ausgewähltes Expertenteam aus Sachverständigen und Ausbildern das Modul 5 für die praktische Umsetzung. Die Module 1 bis 4 werden analog zum PV-Manager für das Dachdeckerhandwerk geschult:

  • Modul 1 – Bedeutung der PV-Anlagen (wirtsch. Grundlagen)

Die Schulung wird sowohl über Innungen und Fachverbände als auch über Industriepartner erfolgen. Alle Details werden in Kürze beim 20. Deutschen Klempnertag am 24./25. Januar 2024 erläutert. 

Klimaschutz: Forschungsprojekt Energiedach

Um die Aktivierung der Gebäudehülle ging es im Vortrag von Prof. Dr.-Ing. Harald Garrecht. Der Wissenschaftliche Direktor an der Materialprüfungsanstalt in Stuttgart berichtete hierzu von einer zurzeit noch laufenden Forschungsarbeit. Sie wird im Rahmen der umfassenden Sanierung eines historischen Gebäudes in Hamburgs Speicherstadt durchgeführt. Es soll unter anderem zeigen, dass Energieeinsparungen und Energiegewinnung auch an denkmalgeschützten Gebäuden möglich sind. Der Ansatz des Projektes lautet: „Klimaneutralität durch energieflussoptimierte Vernetzung aller energietechnischen Komponenten und Innovationen.“ Das klingt komplex und ist es auch, wie Professor Garrecht in seiner anschaulichen Präsentation zeigte. Die Gewinnung solarer Energien und Umweltwärme beispielsweise erfolgt bei dem Gebäude durch thermische und elektrische Aktivierung von Dach- und Fassadenflächen. Dafür werden nur Flächen genutzt, die zu erneuern sind, jedoch nicht zu erhaltende Flächen. Dabei werden vorhandene Dachsysteme denkmalvertretbar nachgebildet (z.B. oxidiertes Kupferblech statt Schiefereindeckung). Die Energiespeicherung wird thermisch und über geothermische Speichersysteme wie Flächenkollektoren, Erdwärmesonden oder Erdwärmekörbe erfolgen – und dies ist nur ein kleiner Auszug aus seinem wirklich spannenden Projekt.

Fachregeln: Zusatzmaßnahmen im Fokus

Dachdecker- und Klempnermeister Thomas Sobireg löste auf, wann Unterdächer, Unterdeckungen oder Unterspannungen bei Dächern gemäß den Klempner- und Dachdeckerfachregeln eingesetzt werden müssen. Darüber hinaus informierte der öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige, bei welchen Bausituationen Zusatzmaßnahmen erforderlich werden. Dies ist beispielsweise bei Unterschreitung der Regeldachneigung der Fall. Dann müssen Unterdächer, Unterdeckungen, Unterspannungen geplant und ausgeführt werden. Hier sei auch der Planer in der Pflicht – wobei auch der ausführende Klempner oder Dachdecker juristisch schnell zum Planer werden kann.

Betrieb: Fallstrick Widerrufsrecht

Juristisch wurde es im Vortrag von Heike Hofmann, Rechtsanwältin im Fachverband SHK-Schleswig Holstein. Sie beschäftigte sich – und anschließend die Landesfachgruppenteilnehmer – mit dem Fallstrick Widerrufsrecht. Die normale Widerrufsfrist beträgt bei mit Verbrauchern außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen (AGV) nur 14 Tage. Sie beginnt mit Vertragsschluss, soweit nichts anderes bestimmt ist. Als Unternehmer im Handwerk könne das Widerrufsrecht im Geschäftsalltag schnell zum Problem werden, warnte Heike Hofmann und zeigte verschiedene reale Beispiele auf. Die häufigsten Fälle passierten auf der Baustelle, auf einer Messe oder beim Großhändler. Hierzu zählten Arbeiten, die dem Gesellen beim Verbraucher-Kunden zusätzlich vor Ort noch „zugerufen werden“ und die er noch „schnell“ miterledigen möge. Diese Nachtragsvereinbarungen, auch wenn sie die nach dem Hauptvertrag geschuldeten Leistungen lediglich ergänzen, können laut OLG Karlsruhe AGV sein (Beschluss vom 14.04.2023 – 8 U 17/23).

Rinnenhalter: Tragfähigkeit entscheidend

Um die Tragfähigkeit von Rinnenhaltern ging es im Vortrag von Jörg Reimann, Anwendungstechniker bei Lemp, Hersteller von Bauelementen für die Dachentwässerung. Gemäß den Regelwerken werden Rinnenhalter entsprechend den zu erwartenden Lasten (Wassermengen, Schnee und Eis) ausgewählt. Er stellte die Frage, wie die exakte Zuordnung über die Belastungsreihen 1 bis 4 erfolgt und nahm die zugehörige Tabelle dabei unter die Lupe. Dabei hob er Diskrepanzen bezüglich der Rinnenhalterabstände hervor. In seinem Fazit schlussfolgerte er, dass allein die Prüfung auf Tragfähigkeit gemäß DIN EN 1462 eine klare Zuordnung hinsichtlich der Belastung von Rinnenhaltern ermöglicht. Die Prüfung sei unabhängig von dem Rinnenhalterquerschnitt, der Rinnenhaltergeometrie und des jeweiligen Materials. Auf die Belastungsreihen sollte dementsprechend gänzlich verzichtet werden und einzig die Prüflast Grundlage für den Halterabstand sein.

Den Abschluss fand der interessante Fachtag beim gemeinsamen Abendessen, Fachsimpeln und kollegialem Austausch. 

Weitere Informationen:
www.zvshk.de

zuletzt editiert am 11. Januar 2024