Eine Gruppe von Menschen steht vor einer modernen Skulptur im Freien.
Für die Teilnehmer des KlempnerTreffs Spezial war es ein erlebnisreicher Tag. Professor Kuhnhenne und Team eröffneten einen weiten Blick in die Zukunft des nachhaltigen Bauens. (Quelle: Siepenkort / KlempnerMagazin)

KlempnerTreff 2025-08-08T12:29:43.464Z Leichtbau aus dem Labor

KlempnerTreff Spezial: Die Vortragsreihe zum Metallleichtbau beim 13. KlempnerTreff fand an der RWTH Aachen eine spannende Fortsetzung. Prof. Markus Kuhnhenne und sein Team informierten die interessierten Teilnehmer über Forschungsprojekte und Laborversuche in der neuen Versuchshalle.

Ende Mai folgten zehn Teilnehmer des Münsterschen KlempnerTreffs der Einladung von Prof. Dr.-Ing. Markus Kuhnhenne zum Besuch der Forschungslabore an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) Aachen. Der Wissenschaftler leitet das Lehr- und Forschungsgebiet „Nachhaltigkeit im Metallleichtbau“ an der RWTH Aachen. Treffpunkt war das Zentrum für Metallische Bauweisen (ZMB), welches von verschiedenen Instituten der Fakultäten Maschinenbau, Georessourcen und Materialtechnik sowie Bauingenieurwesen der RWTH getragen wird und wo interdisziplinäre Forschung, Entwicklung und Ausbildung auf dem Gebiet der metallischen Bauweisen geleistet werden. Die Schwerpunkte umfassen die ganzheitliche Betrachtung von Werkstoff-, Prozess- und Bauteildesign – von der Werkstoffentwicklung bis zu fertigen Komponenten und Systemen.

Die zehn Klempner, Spengler, Metallleichtbauer sowie Handelsvertreter und Sachverständige nahmen für diesen Tag der Wissenschaft zum Teil weite Anreisen – vom Bodensee bis Bremen – in Kauf. Auslöser des Interesses waren die spannenden Vorträge beim KlempnerTreff von Prof. Markus Kuhnhenne, Peter Mehrtens (RWTH Aachen) und Spenglermeister Hannes Gayer (Krehle Landsberg). Der Firma Krehle ging es als Zulieferer für Spengler und Dachdecker unter anderem darum, mit einem neuartigen Verfahren größtmögliche Schenkellängen an gerundeten Metallprofilen zu erzielen. Das Ergebnis der Forschungsarbeit an der RWTH war, dass runde Abkantungen für Fensterbänke von 40 mm Grenzverformung nun auf 80 mm erhöht werden können. Mittlerweile erhielt dieses, bereits am Projekt, erfolgreich umgesetzte Verfahren beim Innovationstag Mittelstand 2025 des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWE) die Auszeichnung „ZIM-Handwerksprojekt des Jahres“ (siehe Beitrag Seite 14).

Ein Vortragender hält eine Präsentation in einem modernen Meetingraum vor einer Gruppe von Zuhörern.
Professor Kuhnhenne gab einen Überblick über Arbeitsweisen sowie über abgeschlossene und aktuelle Forschungsaufgaben an seinem Lehrstuhl. Hierzu zählen u. a. verschiedene Untersuchungen an Sandwichkonstruktionen. (Quelle: Siepenkort / KlempnerMagazin)
Eine Frau hält einen Vortrag und gestikuliert mit der Hand.
Vor dem Rundgang durch die Forschungshallen gab Studentin Julia Blum Einblick in die Planung des neuen Gebäudes, die bis ins kleinste Detail digital in 3D erfolgte. (Quelle: Siepenkort / KlempnerMagazin)

Forschen für den Metallleichtbau

Vorteil des kleineren Teilnehmerkreises in Aachen war die Möglichkeit der direkten Kommunikation, die bei einem KlempnerTreff oder Klempnertag mit großem Plenum nicht in der Form möglich ist. So erhielten auch Professor Kuhnhenne und seine studierende Mitarbeiterin Julia Blum in der Vorstellungsrunde einen Überblick über Tätigkeitsfelder und Funktionen seiner Gäste. Zunächst berichtete er über die Entwicklung der Zusammenarbeit mit dem IFBS, die bereits 2001 begann, 2012 vertraglich vereinbart und 2015 mit der Stiftungsprofessur besiegelt wurde. Heute arbeitet Prof. Markus Kuhnhenne mit seinen zehn wissenschaftlichen Mitarbeitern in Forschung und Lehre zu Aspekten des konstruktiven Entwurfs, der statischen Bemessung, der Bauphysik und der Nachhaltigkeit von Konstruktionen in Metallleichtbauweise. Die vielfältigen zum Teil interdisziplinären Forschungsaktivitäten umfassen u. a.:

  • Optimierung von Regel- und Anschlusskonstruktionen hinsichtlich Bauphysik, Energie- und Kosteneffizienz
  • Energetische Sanierung von Gebäuden, auch Wohn- und Bürogebäude
  • Konzeption und Entwicklung von innovativen Befestigungstechniken
  • Entwicklung von integrierten Dach- und Außenwandkonstruktionen im Metallleichtbau zur Nutzung erneuerbarer Energiequellen
  • Modulares und vorgefertigtes Bauen

Klimaschutz im Fokus

Zusammen mit seiner studierenden Mitarbeiterin Julia Blum gab Professor Kuhnhenne einen Überblick über Arbeitsweisen sowie über abgeschlossene und aktuelle Forschungsaufgaben an seinem Lehrstuhl. Hierzu zählen verschiedene Untersuchungen u. a. an Sandwichkonstrukionen. Ein Projekt beschäftigt sich mit der Entwicklung eines allgemeingültigen Nachweisverfahrens für tragende Sandwichelemente unter axialer Belastung, andere mit der Delamination, Korrosionsproblematik und Fugendichtheit bei Sandwichelementen.
Mit dem Begriff „Nachhaltigkeit“ in seinem Forschungsgebiet wird der Klimaschutz bei allen Projekten mitgedacht. Dazu hat Professor Markus Kuhnhenne ohnehin eine klare Meinung: „Mit der Dekarbonisierung sind wir leider gerade erst am Anfang. Deshalb sind Ressourcenschonung und Energieeinsparung auch Herzensthemen des Wissenschaftlers. Er untersuchte mit seinem Team beispielsweise Distanzkonstruktionen für Dach und Fassade mit geschlitzten Z-Profilen im Stegbereich aus verzinktem Stahlblech. „Das Ergebnis ist verblüffend: Der Wärmedurchgang des Profils wird im Vergleich zur ungeschlitzten Variante um 90 % reduziert. Dies ist aber nicht neu. Die Idee gibt es schon lange – war aber bisher nicht marktfähig. Wir haben daran weiter geforscht und Schlitzgeometrien optimiert, die eine ausreichende Tragfähigkeit bieten. Wir freuen uns, wenn sich jemand aus der Branche damit beschäftigt und den Kontakt sucht“, bietet Prof. Markus Kuhnhenne an.

Eine Gruppe von Menschen inspiziert die Fassade eines modernen Gebäudes mit roten Paneelen.
An der neuen Versuchshalle wurden viele Fassadensysteme geplant, ausprobiert und kombiniert, um neue Erkenntnisse für neue Konstruktionsweisen zu erzielen. (Quelle: Siepenkort / KlempnerMagazin)
Ein Mann in einem Anzug steht in einer Werkstatt neben einem Architekturmodell.
In der Versuchshalle des Institutes für Stahlbau erklärte Professor Kuhnhenne dynamische Versuche im Windkanal. (Quelle: Siepenkort / KlempnerMagazin)
Eine industrielle Maschine mit einer dreieckigen Form in der Mitte, umgeben von blauen und metallischen Komponenten.
Das Bild zeigt die Anlage für Inkrementelle Blechumformung (IBU) des Instituts für Bildsame Formgebung (IBF) der RWTH. (Quelle: Siepenkort / KlempnerMagazin)
Ein Mann steht vor einem Computerbildschirm und gestikuliert mit den Händen.
Dennis Steinfels, Gruppenleiter Blechformteile am IBF, erläuterte, wie Versuche bei IBU-Projekten durchgeführt werden. (Quelle: Siepenkort / KlempnerMagazin)

Durchblick mit „Mixed Reality“ 

Vor dem Rundgang durch die Forschungsstätten mit der neuen Versuchshalle gab Studentin Julia Blum noch einen Einblick in die Planung des neuen Gebäudes, die bis ins kleinste Detail digital in 3D erfolgte. Per Mixed-Reality-Brille konnte während der Bauphase geprüft werden, ob die Handwerker alle Bauelemente exakt am vorgesehenen Einbauort platziert und korrekt befestigt hatten. Die durchsichtige „MR-Brille“ projiziert den Bauplan in das Brillenglas und ermöglicht den Vergleich zur realen Ausführung. Dabei werden Virtual-Reality-Techniken und künstliche Intelligenz kombiniert. Studierende konnten dies vor Ort während der Bauphase testen. Damit war es ihnen sogar möglich, Bauteile zu befestigen, obwohl sie die Tragprofile als Befestigungsgrund nicht mit den eigenen Augen sehen konnten. Beim KlempnerTreff Spezial hatten auch die Gäste Gelegenheit, durch die MR-Brille zu schauen und waren beeindruckt, was heute im Bauablauf möglich ist.
Bei diesem Projekt wurden viele verschiedene Dach- und Wandsysteme geplant, ausprobiert und kombiniert, um neue Erkenntnisse für neue Konstruktionsweisen zu erzielen. Darüber hinaus wurde in den weiteren Versuchshallen gezeigt, wie mit Crash-Testanlagen Metallstrukturen an ihre Grenzen gebracht werden, inkrementelle Blechumformung (IBU) funktioniert oder dynamische Versuche im Windkanal erfolgen.

Für die allesamt technisch versierten Besucher war es ein erlebnisreicher Tag. Professor Kuhnhenne und Team eröffneten einen weiten Blick in die Zukunft des nachhaltigen Bauens und verdeutlichten die Notwendigkeit der Wissenschaft und Forschung, besonders in diesen Zeiten.

zuletzt editiert am 12. August 2025