Eine Gruppe Klempnermeister mit Klempnermeisterin steht auf einem Dach mit einem Kirchturm im Hintergrund.
Nach der Vorstellung des Energiedaches zog es die Klempnermeister und Klempnermeisterin hinauf aufs Dach – dort, wo sie sich am wohlsten fühlen. (Quelle: Siepenkort/KlempnerMagazin)

Wissen 2025-04-30T07:21:52.823Z Klimaschutz trotz(t) Denkmalschutz

Exkursionen: Anfang März fand das 6. Treffen der Klempnervereinigung Nord statt. Für Abwechslung sorgte diesmal eine Exkursion zum Forschungslabor „CO2-neutrales Weltkulturerbe“ in der Hamburger Speicherstadt.

Anstelle des bewährten Treffpunktes Parkhotel Hagenbeck organsierten die Klempnermeister Andreas Witt und Sven Schreiber diesmal eine Fortbildungsreise in Sachen Klimaschutz. Die Idee entstand beim Besuch des KME Messestandes auf der BAU in München. Dort zeigte KME Projektentwickler und Klempnermeister Michael Giebler das 1:1 Modell eines „Klimadaches“, das zu Forschungszwecken auf dem historischen Speicher H im Pickhuben 6 in Hamburg installiert wurde. Es handelt sich hierbei um die Kombination einer Kupferdeckung mit integrierter Photovoltaik und Solarthermie. Die Idee kam bei Michael Giebler und den Mitgliedern der Klempnervereinigung gleichermaßen gut an – rund 30 Teilnehmer folgten der Einladung in die Speicherstadt, um sich die zukunftsweisende Forschungsarbeit anzusehen. Bevor jedoch der Aufstieg zum typischen Arbeitsplatz der Klempner erfolgte, erklärten Michael Giebler und der Projektbeteiligte Martin Flossmann von EckPack Solar, womit sich das Forschungslabor „CO2-neutrales Weltkulturerbe“ überhaupt beschäftigt. Das war so spannend, wie auch erforderlich, denn das Energiekonzept des Forschungsspeichers ist extrem komplex – eben eine echte Forschungsarbeit.

Denkmal CO₂ Neutral

Träger der Forschungsarbeit unter der Überschrift „Moderne Technologie trifft Denkmalschutz“ ist die Hamburger Hafen und Logistik Aktiengesellschaft (HHLA). Ihr Standpunkt: Denkmalschutz ist immer auch Klimaschutz. Neue Gebäude erzeugen enorme Energiekosten und viel CO2. Deshalb sollten sie so lange wie möglich instand gehalten und genutzt werden. Im Gegensatz zu einem Neubau begrenzt der 140 Jahre alte Gebäudebestand der Speicherstadt jedoch die Möglichkeiten der energetischen Aufrüstung. So dürfen Solarmodule die Erscheinung des Denkmals oder der Speicherstadt nicht beeinträchtigen. Auch können keine dicken Dämmungen auf die einzigartigen Backsteinfassaden aufgebracht und hochgedämmte Fenster eingesetzt werden. Gemeinsam mit den Forschenden untersucht HHLA daher am Speicherblock H im Pickhuben 6, wie Energieeffizienz und moderne Technologie sich mit Denkmalschutz und UNESCO-Welterbe-Status vereinen lassen. Daraus entstand das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) geförderte und vom Projektträger Jülich (PtJ) betreute Forschungsprojekt „CO2-neutrales Welterbe Speicherstadt Hamburg“. Das Projekt soll die Frage beantworten, ob und wie Energie erzeugt, gespeichert und verteilt werden kann. Die prognostizierten Erträge seien beachtlich: Rund 14 Gigawattstunden thermische Energie und rund 5 Gigawattstunden elektrische Energie könnten über die Dachflächen der Speicherstadt erzeugt werden. Die reiche aus, um für ein ganzes Jahr 700 Haushalte mit Wärme und 1.400 Haushalte mit Strom zu versorgen.

Energie aus Kupfer und Schiefer

Mit dem innovativen Energiesystem setzt das Projekt neue Maßstäbe für Nachhaltigkeit im Denkmalschutz. Ziel von HHLA ist es, durch die Nutzung der lokal verfügbaren erneuerbaren Energien denkmalgeschützte Gebäude wie die Speicherstadt Hamburg vollständig CO₂-neutral zu versorgen und ein Modell für die Zukunft zu schaffen. Beispielsweise werden erneuerbare Energien durch die elektrische und thermische Aktivierung direkt auf den Dachflächen erzeugt. Gemeinsam mit der Universität Stuttgart und Partnerunternehmen wie KME und EckPack entwickelte die Gesellschaft eine Lösung, die speziell auf denkmalgeschützte Gebäude ausgelegt ist. Es handelt sich unter anderem um zwei angepasste Dachsysteme: eine Kupfer- und eine Schiefernachbildung, die den Denkmalschutzauflagen entsprechen. Die innovative Kombination aus Photovoltaik-Modulen und Wärmetauschern erlaubt die Nutzung von Sonnenenergie und Umgebungsluft. Diese thermisch und elektrisch aktivierten Dachflächen bieten eine CO₂-neutrale Energieversorgung und tragen maßgeblich zur nachhaltigen Gebäudebewirtschaftung bei. „Immerhin heizt ein Quadratmeter unseres aktivierten Daches mindestens sechs Quadratmeter Nutzfläche. Unser Prototyp ist ausgetestet, die Funktionalität ist wissenschaftlich erwiesen. Deshalb sehen wir hiermit auch in der Zukunft für Klempner und Spengler ein erhebliches Auftragspotenzial“, ist sich Michael Giebler sicher.

Wärme in der Wand und Eis im Keller

Um die Wärme effizient im Gebäude zu halten und Verluste zu minimieren, werden auch die Außenwände energetisch ertüchtigt. Ein hochdämmender Innenputz reduziert den Wärmeverlust, während eine integrierte Flächenheizung für eine gleichmäßige und behagliche Wärmeabgabe auf niedrigem Vorlauftemperaturniveau < 30 °C sorgt. Diese Anpassungen an den Wänden ermöglichen eine hohe Energieeffizienz, ohne das denkmalgeschützte Erscheinungsbild zu beeinträchtigen. Im Keller befindet sich das Herzstück der Energiespeicherung: ein Eisspeicher, der durch physikalische Prozesse die gespeicherte Energie bedarfsgerecht freigibt. Auch bei kalten Temperaturen unter dem Gefrierpunkt kann so ausreichend Wärme bereitgestellt werden, selbst wenn keine solaren Erträge erzielt werden. Diese effiziente Speicherlösung sorgt dafür, dass das Gebäude auch in der Winterzeit CO₂-neutral beheizt werden kann.

Netzwerken mit Energie

Nach der Vorstellung des Energiedaches und der Objektbesichtigung der 30 Teilnehmenden vom Dach bis in den Eiskeller informierte Michael Giebler über bewährte und neue Oberflächenvarianten. Hierzu zählt das unterseitig EPDM-beschichtete Kupferblech „TECU plus“. Die Beschichtung erspart strukturierte Trennlagen mit all ihren Nachteilen. Durch die vollflächige „Gummierung“ der Rückseite werden die Hafte beim Doppelfalzen beidseitig von der Gummierung umschlossen und dichten den Falz vollständig ab. Zudem reduziert die Beschichtung Geräuschbildung bei Regen.

Nach einem Ausblick auf zukünftige Aktivitäten, wie der Besuch im Enke-Werk und ein Sommerfest bei Prefa in Hamburg, lud Andreas Witt dann zum abendlichen Netzwerken ein. Mit einem italienischen Abendessen bedankte sich die Firma KME bei der Klempnervereinigung Nord für das Interesse.

Weitere Informationen:
www.denkmalco2neutral.com/de
https://www.kme.com/de/copperdivision/architektur

zuletzt editiert am 30. April 2025