Hochhaussanierung: Der australische Fachbetrieb ARC Roofing and Wall Cladding erhielt im Rahmen der Kernsanierung des Sirius-Hochhauprojektes in Sydney eine spannende Bauaufgabe: Das Spenglerteam musste rund 100 komplizierte Balkonmodule per Mobilkran am Bauwerk verankern.
Sirius ist ein exponierter Apartmentkomplex in Sydneys Stadtteil The Rocks. Das Gebäude wurde 1978–1979 vom Architekten der Wohnungsbaukommission Tao Gofers entworfen und ist ein im wahrsten Sinne herausragendes Beispiel sogenannter „brutalistischer“ Architektur in Australien. Brutalismus ist der Name eines Architekturstils des 20. Jahrhunderts, bei dem der Baustoff Beton im Vordergrund steht. Der Begriff entstammt, anders als man denkt, dem französischen Begriff „béton brut“, was übersetzt „roher Beton“ bzw. „Sichtbeton“ bedeutet. Das einzige Hochhaus des Stadtteils mit 79 Apartments wurde in den 1960er und 70er Jahren gebaut, um nach einer umstrittenen Neubebauung des Stadtteils den ausgesiedelten Mietern neuen Wohnraum zur Verfügung zu stellen. 2015 stand das Sirius-Gebäude wieder im Mittelpunkt der Stadtplanung. Es gab Pläne, die Bewohner umzusiedeln, das Gebäude zu verkaufen oder das Gelände neu zu bebauen. Gegner der Pläne versuchten, das Gebäude unter Denkmalschutz zu stellen und somit den Bestand zu sichern, was jedoch nicht gelang. Letztendlich wurde es zum Verkauf angeboten, es drohte der Abriss. Die letzte Bewohnerin zog im Februar 2018 aus.
Die Rettung
Der Einsatz für den Erhalt des Bauwerks endete damit nicht. Engagierte Bürger und Organisationen gründeten die „Save Our Sirius Foundation (SOS)“ mit dem Ziel, Sirius zu sanieren und vor dem Abriss zu bewahren. 2018 gelang es, das Bauwerk in die Liste der gefährdeten Denkmäler des „World Monuments Fund“ aufzunehmen. Diese Eintragung forderte die Regierung von New South Wales gleichzeitig auf, die Empfehlung ihrer Denkmalexperten zu respektieren und den Bürgern zu ermöglichen, das bedeutende soziale Erbe Sydneys zu bewahren. Die Aufnahme des Gebäudes in das staatliche Denkmalregister wurde durch verschiedene öffentliche Proteste unterstützt. Am 28. Juni 2019 gab die Regierung bekannt, dass Sirius nicht abgerissen, sondern verkauft und renoviert werden sollte. Mit einem Invest von rund 150 Millionen australischen Dollar erhielt die Sirius Developments Pty Ltd, ein Unternehmen der privaten Investmentfirma JDH Capital, den Zuschlag. Ihre Aufgabe war es, im Rahmen der Sanierung nun 76 Wohnungen sowie Einzelhandels- und Gewerbeflächen zu integrieren. Mit dem Verkaufserlös soll neuer sozialer Wohnraum für etwa 630 Menschen geschaffen werden.
Modulares Sanierungskonzept
Mit der Kernsanierung von 2022 bis 2023 und den wesentlichen Änderungen an der Gebäudeform wurde an Planungsbüros BVN Architecture, 360 Degrees Landscape Architects und Kelly Hoppen (Interiors) beauftragt. Die kubischen Wohneinheiten sind wie im Beton-Baukastensystem zum Teil stufenförmig übereinandergestapelt – eine modulare und wirtschaftliche Bauweise, wie man sie in der Zukunft sicherlich auch in Deutschland vermehrt anwenden wird. Das Sanierungskonzept beinhaltete neben der haustechnischen und energetischen Ertüchtigung des monumentalen Gebäudes auch eine Aufwertung sämtlicher Apartments – und dies nicht nur in den Innenräumen. Die Gebäudestruktur wurde mit etwa hundert aufwändig konstruierten und unterschiedlich weit auskragenden Balkonen aus Metall ausgerüstet – sozusagen als Verlängerung der kubischen „Wohnmodule“ aus Sichtbeton. Die gesamte Außenhülle der Balkone ist mit Kupferblech bekleidet. Darüber hinaus sind auch viele Außenwände mit einer vorgehängten, wärmegedämmten und hinterlüfteten Kupferfassade im Winkelstehfalzsystem bekleidet. Behutsam, ohne die Struktur des Bauwerks zu verändern, ist es den Architekten und den bauausführenden Unternehmen damit gelungen, das Gebäude wiederzubeleben.
Komplexe Anforderungen, fortschrittlich gelöst
Die spannende Bauaufgabe für sämtliche Kupferarbeiten erhielt der australische Fachbetrieb ARC Roofing and Wall Cladding. Das Unternehmen ist bekannt für die Umsetzung außergewöhnlicher Gebäudehüllen aus Metall und war schon früh in die Planungen der Balkonkonstruktionen und Fassadenbekleidungen einbezogen. Die Aufgabe für ARC bestand darin, eine Konstruktion zu entwickeln, die ästhetisch überzeugend ist und gleichzeitig strenge Sicherheitsstandards erfüllt. „Da es galt, die vorgehängten Balkone statisch perfekt in die bestehende Tragstruktur des Bauwerks zu integrieren, war die Einhaltung festgelegter Gewichtsgrenzen von entscheidender Bedeutung“, erklärt Volker Raedel, Spengler und Projektmanager bei ARC: „Auch die präzise Umsetzung des Architekturdesigns mit vielen anspruchsvollen Details zählte zu den besonderen Anforderungen - von der Planung und Herstellung bis hin zur Montage. Bei allen Projekten mit Sonderkonstruktionen, wie für Sirius, beschäftigt sich zunächst unser internes Entwurfsteam mit der Aufgabestellung. Das Team besteht aus Planungsingenieuren Technikern und erfahrenen Spenglern, die zunächst in mehreren Bearbeitungsschritten via CAD ein 3D-Modell entwickeln. Dies erfolgt in enger Zusammenarbeit mit den Architekten. Am Ende steht ein 1:1 Modell, dass nach möglichen Feinanpassungen für Herstellung und Montage zur Serienfertigung vorbereitet wird“, berichtet Volker Raedel.
Vom Mockup zum Einbauort
Nach dem Feinschliff am Modell, dem sogenannten „Mockup“ setzte ARC die Serienfertigung in Gang. Die Herstellung der Balkone erfolgte mit modernsten Metall- und Blechbearbeitungsmaschinen in den eigenen Werkhallen. Vor der Modulmontage musste das Spenglerteam vor Ort gemäß den statischen Vorgaben entsprechende Konsolen zur Verankerung am Bauwerk installieren. Per Sattelzug und Mobilkran gelangten die Kupferbalkone zur Baustelle und an ihren vorbestimmten Einbauort.
Weitere Informationen:
https://arcroofing.com.au/
Sirius Sydney http://saveoursirius.org






