Solartechnik: Metalldächer werden aufgrund ihrer ebenen Fläche und verfügbaren Klemmelemente gern auch nachträglich mit PV-Modulen ausgerüstet. Doch führen eine unzureichende statische Bemessung und nicht berücksichtigte Dehnungsbewegungen gehäuft zu Schäden. Erst eine exakte Bestandsaufnahme ermöglicht die Wahl der passenden Modulbefestigung.
Nicht erst beginnend mit dem Krieg in der Ukraine, sondern schon viel früher wurde die Nutzung von Sonnenenergie zur Bedarfsdeckung der allgemeinen Stromversorgung gefordert und gefördert. Doch mit der Energiekrise nahm der Ausbau von PV-Anlagen erst richtig Fahrt auf. In der Folge wurde von den Bundesländern der verpflichtende Ausbau dieser Energieform auf Dachflächen in sehr unterschiedlicher Ausprägung gesetzlich festgeschrieben. Insbesondere das Flachdach im Industriebau und das Steildach mit Ziegeldeckung für den privaten Bereich stehen schon lange im Fokus – sowohl im Neubau als auch im Bestand. Bei Metalldächern, die aufgrund ihrer ebenen Fläche geradezu prädestiniert zu sein schienen, kam es aber im Laufe der Zeit verstärkt zu Schäden. Die klassischen Stehfalzdächer sind hier in erster Linie zu nennen. Hier stellt sich dann sehr schnell die Frage, ob Stehfalzdächer im Bestand überhaupt geeignet sind, PV-Anlagen darauf zu montieren, ohne die wasserführende Ebene zu durchdringen. Bei PV-Modulen, die mittels Falzklemmen auf der Metalldeckung befestigt werden, erfolgt die Lastableitung über den Stehfalz in die Unterkonstruktion. Ob ein bestehendes Metalldach dazu geeignet ist, kann weder mit einem klaren „Ja“ noch mit einem „Nein“ beantwortet werden. In vielen Fällen jedoch kann sich bereits nach fachmännischer Erstbesichtigung eine recht sichere Einschätzung dazu ergeben.
Grundlagenermittlung entscheidet Maßnahme
Zurzeit ist die Beantwortung dieser Frage eine der Hauptaufgaben eines Sachverständigen, der sich im Schwerpunkt mit Metalldächern befasst. Bei der Überprüfung der Tauglichkeit von Metalldächern zur Nachrüstung von Solarmodulen gibt es derzeit keine zuverlässige Möglichkeit, die Position der in die Falze integrierten Hafte mittels einfacher Inaugenscheinnahme oder mit technischer Unterstützung zu lokalisieren. Eine Unterscheidung zwischen Fest- und Schiebhaft ist schon gar nicht möglich. Was bleibt, ist die Bauteilöffnung oder mehrere davon, die sich in der Regel auf Falzöffnungen beschränken. Die Anzahl der Falzöffnungen wird je nach Dachgeometrie festgelegt. Aus den exemplarisch geöffneten Falzen können dann Rückschlüsse auf die jeweilige Gesamtdachfläche gezogen werden. Je nach vorgefundener Einbausituation ist dann eine Beurteilung der Bestandsdachfläche unmittelbar erkennbar oder muss ggf. neu bewertet werden. Ein Beispiel hierfür ist der nachfolgende Fall für ein Winkelstehfalzdach aus Titanzink von 1994, das der Hausbesitzer mit einer PV-Anlage nachrüsten wollte. In dem Prüfungsauftrag galt es nun, folgende Fragestellungen zu klären:
- Ist die Tragkonstruktion geeignet, zusätzliche Lasten zu übernehmen?
- Wie wurden die Hafte in der Unterkonstruktion befestigt?
Die Beantwortung dieser grundsätzlichen Fragen erfordert stets einigen Aufwand, der sich jedoch oftmals lohnt. Erst wenn sie beantwortet und alle sonstigen Daten zum Gebäude, zur Lokalität und zu den klimatischen Verhältnissen ausgewertet sind, kann eine Aussage über die Tauglichkeit getroffen werden. Nach diesem Untersuchungsleitfaden ergibt sich für den Bauherrn dann entweder die Möglichkeit einer für ihn sinnvollen und wirtschaftlichen statischen Nachrüstung der Dachflächen oder die Gewissheit, dass die Dachflächen für bestimmte Montagetechniken nicht geeignet sind. Kapitale Folgeschäden werden somit von vornherein vermieden. Zum Nachteil der Bauherrn ist es leider so, dass die meisten Bestandsdächer tatsächlich nicht geeignet sind, um über die Falze die Zusatzlasten der PV-Anlage in die Unterkonstruktion einzuleiten.

Haftabstand von ca. 30 cm
Fachlich und regelkonform kann bei Bestandsdächern in der Regel ein Haftabstand von ca. 30 cm, die typische „Hammerstiellänge“, und ein Festhaftbereich von 1 m bis ca. 1,5 m festgestellt werden, obwohl ein Festhaftbereich bis 3 m fachlich möglich wäre. Bei älteren Dächern vor 1995 wurden zumeist Zinkhafte verwendet, die seit vielen Jahren bereits nicht mehr eingesetzt werden dürfen. Seit etwa ca. 1995 bis heute haben sich Fest- und Schiebhafte aus nichtrostendem Stahlblech durchgesetzt. Die Befestigung erfolgte durch Nageln, anfangs noch mit verzinkten Breitkopfdrahtstiften (Pappnägeln), später mit Edelstahl-Rillennägeln. Geschraubte Hafte haben sich erst seit den 2010er-Jahren langsam etabliert. Aufgrund des Klimawandels mit häufigen Extremwetterereignissen und heftigen Starkwindböen werden die Hafte an exponierten Dächern zumeist nur noch geschraubt.
Lastabtragung – aber wie?
Da eine sichere Lastabtragung über die Falze ausgeschlossen werden musste, der Bauherr aber um (fast) jeden Preis eine PV-Anlage installieren wollte, wurden verschiedene Szenarien und Möglichkeiten durchgespielt. Dies führte auch zu einer vom Statiker vorgeschlagenen Lösung der Lastabtragung über den First hinweg mit einer Gegenlast auf der gegenüberliegenden Dachseite. Diese Lösung kam jedoch aus statischen und optischen Gründen nicht in Betracht. Letztendlich ergaben sich vier mögliche Ausführungsvarianten:
1. Variante „Neudeckung“: Rückbau der bestehenden Zinkdacheindeckung und Neuaufbau mit entsprechender statischer Berechnung der Hafte.
2. Variante „Direkte Befestigung“: Montage einer PV-Unterkonstruktion, bei der die wasserführende Ebene durchdrungen wird.
3. Variante „Falzertüchtigung mit Leiste“: Umwandeln des Stehfalzsystems in ein Leistensystem.
4. Variante „Falzertüchtigung mit zusätzlichen Haften“: Ertüchtigung der bestehenden Metalldacheindeckung zur Aufnahme zusätzlicher Lasten.
Variante „Neudeckung“
Die einfachste, aber kostenintensivste Möglichkeit war in diesem Fall der Rückbau und die Neueindeckung einer Dachfläche. Vorteil dieser Variante ist die direkte Einbeziehung aller statischen Anforderungen des gewählten PV-Moduls- und Unterkonstruktionssystems in die Planungen des Metalldachsystems. Bei der Vielzahl von Anbietern für PV-Systeme und einer dann bekannten Positionierung der Hafte ist das Aufbringen von Zusatzlasten problemlos ausführbar.
Variante „Direkte Befestigung“
Die Entscheidung, die wasserführende Ebene zur Befestigung der Module zu durchdringen, ist stets mit einem unguten Gefühl behaftet. Man hat ein dichtes Dach, das jetzt, mit welchem System auch immer, „perforiert“ wird. Für diesen Fall gibt es zwar funktionierende Alternativen, deren Montage versiertes Fachwissen der jeweiligen Dachsysteme erfordert; viele sogenannte „Solarteure“ fixieren und dichten jedoch nach Lust und Laune und bauen baldige Schäden gleich mit ein. In meiner Praxis als Sachverständiger häufen sich leider die Schadensgutachten mit diesen Fällen. Die Berücksichtigung des bauphysikalischen Dachaufbaus und dessen Funktionsschichten spielt dabei eine große Rolle. Bei einem nicht belüfteten Warmdach führt eine Leckage unweigerlich zu einem Schaden im Dämmbereich bis hin zu einer Schädigung der Dachtragkonstruktion. Eine belüftete Kaltdachkonstruktion mit einer definierten Lüftungsebene verzeiht dagegen manche konstruktiven Fehler. Das macht die Situation generell zwar nicht besser, aber ein unmittelbarer Schaden der Räumlichkeiten unter dem Dach kann dadurch möglicherweise verhindert werden. Was nicht verhindert wird, ist eine Schädigung der Konstruktion oberhalb der zweiten Ableitebene, die im ungünstigsten Fall zur Minderung der Standfestigkeit führen kann.
Hinweis: Zur Variante der direkten Befestigung ist für eine nächste Ausgabe des KlempnerMagazin ein separater Fachbericht mit Fallbeispielen aus der Praxis in Vorbereitung.
Variante „Falzertüchtigung mit Leiste“
Eine recht aufwendige Variante ist die Möglichkeit der Falzertüchtigung mittels Leiste. Hierbei wird der Stehfalz über die gesamte Länge ab- bzw. aufgetrennt und die beiden Scharseiten mindestens 40 mm aufgestellt und mit einem 20 mm Rückfalz versehen. Dies kann nicht maschinell, sondern nur handwerklich mit entsprechendem Werkzeug durchgeführt werden. Anschließend wird in dem entstandenen Zwischenraum eine passende Holzleiste (z.B. 40 × 80 mm) mit der Schalung, idealerweise unmittelbar über einem Sparren, verschraubt. Da Sparren- und Scharabstände nur in den seltensten Fällen übereinstimmen, ist die Wahrscheinlichkeit sehr gering, genau unter dem Falz einen Sparren zu treffen. Alternativ könnten die Schare auch direkt über einem Sparren in der wasserführenden Ebene aufgetrennt und aufgestellt werden. Die Position des Sparrens und der danach erfolgenden Verankerung der Solarbefestiger in Form von Stockschrauben ist aus statischen Gründen von Bedeutung. Je nach Schalungsart und -dicke ist es auch denkbar, die Holzleiste „nur“ auf der Schalung zu befestigen. In jedem Fall ist ein statischer Nachweis erforderlich. Im Anschluss daran kann die Leiste z.B. in Form einer Deutschen Leiste mit einer Abdeckkappe versehen werden. Durch diese Abdeckkappe hindurch, durch die Holzleiste durch/in die Schalung und ggf. in den Sparren erfolgt dann die Verankerung der Solarbefestiger.
Variante „Falzertüchtigung mit zusätzlichen Haften“
Die in der Aufzählung zuletzt genannte Variante ist ebenfalls keine triviale Lösung. Eine Ertüchtigung des bestehenden Daches bedeutet, dass Dachdeckung und Dachkonstruktion im Bestand erhalten bleiben. Die Ertüchtigung der Deckung soll eine Erhöhung der aufnehmbaren Lasten erzielen, ohne die wasserführende Ebene zu durchdringen. Dies ist nur möglich, indem der Falz im Festhaftbereich geöffnet und durch eine statisch berechnete Anzahl von Festhaften ergänzt wird. Dies ist für jeden einzelnen Falz erforderlich, der sich im Bereich der zusätzlichen Lastaufnahmen befindet. An dieser Stelle werden viele fachlich versierte Handwerker befürchten, dass ein Falz beim Öffnen und nochmaligem Schließen bricht und somit die Funktion des Systems versagt. Die Bedenken sind berechtigt, dennoch handelt es sich hierbei um eine mögliche Variante, da nicht jeder Werkstoff bei sachgemäßer Verformung reißt. Hier kann die Bemusterung an geeigneten Stellen entsprechende Erkenntnisse liefern. Bei dem vorliegenden Material handelt es sich um das Produkt Rheinzink walzblank, 0,7 mm. Da es eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung für Hafte gibt (z. B. Rheinzink ClipFix, abZ Z-14.1-773), die für Festhafte eine charakteristische Tragfähigkeit von 1,4 kN ausweist, ist die Ergänzung mit einer geringen Anzahl in einem klein gehaltenen Bereich auch möglich. Die Zulassung bezieht sich ausschließlich auf die Verwendung von Rheinzink-Produkten. Eine Verwendung mit anderen Produkten erfolgt ohne Zulassung auf eigene Verantwortung. Grundvoraussetzung für eine oben dargestellte Falzertüchtigung ist eine sorgfältige und gewissenhafte handwerkliche Ausführung.
Erst vorwärmen, dann umformen
Grundlage für die Festlegung des zu öffnenden Bereiches war das Ergebnis der Voruntersuchung des Ortstermins vom Mai 2023. Vom First abwärts mussten die Falze auf einer Länge von ca. 1,20 bis 1,50 m geöffnet werden, um drei eingebaute Festhafte durch vier zusätzliche ClipFix-Festhafte zu ergänzen. Zunächst wurden die ausführenden Fachhandwerker vom Sachverständigen und Lehrverleger bezüglich der Vorgehensweise und Verarbeitungsregeln geschult. Bei der Öffnung der ersten neun von 39 Falzen wurden alle erforderlichen Handgriffe gemeinsam durchgeführt. Bei Außentemperaturen von rund sechs Grad und bewölktem Himmel war ein ständiges und konsequentes Anwärmen des Falzes zwingend erforderlich. Aus diesem Grunde mussten Falzöffnungen immer zu zweit erfolgen: Ein Klempner musste die zu bearbeitende Stelle kontinuierlich mit dem Heißluftföhn vorwärmen, während der Kollege behutsam den Falz öffnete. Nur so war eine fach- und regelgerechte Umsetzung der Vorgaben möglich. Das Auseinanderziehen der Falze und auch das Einsetzen und Verschrauben der Festhafte waren keine besondere Herausforderung. Erst beim Schließen der Falze musste wieder ein besonderes Augenmerk auf das Anwärmen des zu bearbeitenden Bereiches gelegt werden. Das abschließende Umformen des Winkel- in den Doppelstehfalz wurde ebenfalls durch das Anwärmen des Falzes unterstützt.
Montage der Module
Nachdem alle Falze fachgerecht und ohne Beschädigungen ertüchtigt waren, konnte mit der Montage der Module begonnen werden. Auch dies erfolgte unter der Einweisung des Sachverständigen und Lehrverlegers, denn die Modulklemmen mussten exakt nach den Montagerichtlinien des Herstellers am Falz fixiert werden. An den Stellen, an denen die PV-Klemmen positioniert werden sollten, mussten die mittels Doppelfalzschließer fertiggestellten Falze noch einmal per Falzhammer und Schaleisen handwerklich nachgesetzt werden. Eine Handklemmung schließt den Falz nicht eng genug, um das Klemmelement satt auf den Doppelfalz aufsetzen zu können. Nur korrekt sitzende Halter ermöglichen das fachgerechte Auflegen der Module, Einfädeln des Klemmhakens unter den Doppelfalz und das Aufsetzen des Oberteils. Abschließend werden alle Oberteile mit einem Anzugsdrehmoment von 6 Nm fixiert.
Geprüft, gesichert, gelungen
Mit zunehmender Übung bei dem gesamten Öffnungs-, Ertüchtigungs- und Schließungsvorgang der Falze konnten die Klempner die Arbeitszeit pro Falz deutlich reduzieren. Wurden zu Beginn der Arbeiten noch ca. 60 Minuten mit zwei Mann benötigt, waren spätestens ab dem 15. Falz nur noch 30–35 Minuten erforderlich. Das Ergebnis kann sich nicht nur optisch und ästhetisch sehen lassen. Die letzten Module wurden gerade noch rechtzeitig vor dem Sturm in der Nacht vom 23. auf den 24.11.2023 montiert. Die PV-Anlage hat nicht nur diesen ersten Sturm, sondern bereits auch weitere und somit ihre Härtetests schadlos überstanden. Der gewählte Bauplan ging also auf – das freute nicht nur den zufriedenen Bauherrn, sondern ebenso alle anderen Baubeteiligten.
Den kompletten Beitrag lesen Sie in KlempnerMagazin 06.2024