Röhr+Stolberg blickt auf ihren Weg vom Düngemittelhersteller zum heutigen Bleihersteller "Made in Krefeld" zurück.
Röhr+Stolberg blickt auf ihren Weg vom Düngemittelhersteller zum heutigen Bleihersteller "Made in Krefeld" zurück. (Quelle: Röhr+Stolberg GmbH)

Technik 20. July 2022 Röhr + Stolberg feiert 150-jähriges Bestehen

Die Krefelder Röhr + Stolberg GmbH feiert ihr 150-jähriges Bestehen. Heute zählt das Unternehmen mit Sitz in Krefeld Linn rund 180 Mitarbeiter und liefert Walzblei sowie Bleikomponenten für Strahlenschutz- und Forschungslösungen in alle Welt. Den Anfang machte es aber im Jahr 1872 als Mühle für Knochenmehl, Kreide und Kohle.

„In den vergangenen 150 Jahren haben wir neben zwei Weltkriegen einige Krisen gemeistert. Voraussetzung dafür war immer eine gute Balance aus Stabilität auf der einen Seite sowie mutiger Innovationsgeist auf der anderen“, sagt Frank Köhler, kaufmännischer Geschäftsführer bei Röhr + Stolberg. Produziert wird neben Walzblei für Dach und Fassade auch Bleikomponenten für Industrie und Nuklearmedizin bis hin zur Raumfahrt, den baulichen Strahlenschutz sowie Korrosionsschutzlösungen für die chemische Industrie. Zum Zeitpunkt der Unternehmensgründung vor 150 Jahren ist die Welt vom Auf-bruch in ein neues Zeitalter geprägt – die rasante Industrialisierung eilt ihrem ersten Höhepunkt entgegen.

1872 gründet Gustav Röhr in Caldenhausen seinen Betrieb, der drei Jahre später direkt an den Rhein nach Uerdingen bei Krefeld umzieht. Auf einem Grundstück von 9.000 Quadratmetern entsteht eine Fabrik, in der aber kein Metall verarbeitet wird, sondern Knochen, Kohle und Kreide zu Düngemitteln gemahlen werden. Bald sorgt allerdings eine neue Werftmauer für Ärger: Ihretwegen können Röhrs Erzeugnisse nicht mehr angemessen verladen werden. „Damit hätte die Geschichte schon fast wieder enden können. Aber nicht mit Gustav Röhr. Er registriert den steigenden Bedarf nach Metallen, besonders nach Blei und sattelt kurzerhand um – Röhr wechselt ins Blei Business.“, skizziert Christoph Kissenbeck, technischer Geschäftsführer von Röhr + Stolberg, das Anfangskapitel der Firmengeschichte. Einen Stromanschluss gab es zu diesem Zeitpunkt noch nicht, die Maschinen laufen mit Dampfkraft.

Röhr und die Wechselfälle der Geschichte

Gustav Röhr führt sein Unternehmen mehr als 40 Jahre lang. Als er im Jahr 1914 noch vor dem Ausbruch des 1. Weltkrieges stirbt, sind seine vier Söhne und eine Tochter zu jung, um die Führung zu übernehmen. Ein Vormund übernimmt stellvertretend in dieser wechselhaften Zeit das Geschäft. Hans Gustav Röhr konstruierte schon 1912 eine eigene Flugmaschine und wagte 1926 sogar den Sprung in die Automobilbranche: Er gründete die Röhr Auto AG. Doch das junge Unternehmen geht in der bald folgenden Weltwirtschaftskrise zugrunde.

Das Bleigeschäft aber hält stand und das Werk wird nach und nach elektrifiziert. Solchermaßen ausgestattet, übersteht Röhr auch den zweiten Weltkrieg. Während die Kassen im Rest der Republik während des „Wirtschaftswunders“ klingeln, belastet eine hausgemachte Krise das inzwischen über 75 Jahre alte Unternehmen in den 50-er Jahren schwer: Ein unüberlegter Grundstücksverkauf durch einen Teil der Erbengemeinschaft an die Bayer AG zwingt die Geschäftsführung zu einem waghalsigen Manöver: Am heutigen Standort in Krefeld Linn wird ab 1966 in Rekordzeit eine neue Fabrik hochgezogen und um 1970 stabilisiert sich die Lage. Röhr nutzt den Umzug als Modernisierungsprogramm des Unternehmens und hat nach eigenen Angaben Erfolg damit. Theo Röhr übernimmt das Unternehmen in den 1970-er Jahren.

Vom Familienunternehmen zur GmbH

Im Jahr 1986 fusioniert Röhr mit den Bleiwerken Stolberg und erhält seinen heutigen Namen: Röhr + Stolberg GmbH. Mit dem Ende des kalten Krieges setzte dann die Globalisierung ein. Theo Röhr verkauft das Unternehmen an die internationale Calder Group mit Sitz in England. Damit endet nach knapp 120 Jahren die Ära des Familienbetriebs. Gleichzeitig erleichtern die internationalen Partnerunternehmen der Gruppe den Zugang zu globalen Märkten und Rohstoffen. Damit fand sich schnell ein Ersatzgeschäft für den Handel mit Bleirohren, der längst verboten war. Die Produktion wird auf den Standort Krefeld konzentriert und das Werk in Stolberg stillgelegt.

Made in Krefeld

Die Produktion wird auf den Standort Krefeld konzentriert und das Werk in Stolberg stillgelegt. Ob elegantes Venusblei für Dach und Fassade, ob X-Ready als selbstklebender Strahlenschutz oder komplexe Anwendungen in Teilchenbeschleunigern, in der Medizin oder der Logistik in der Atomenergie, gehören alle zur Produktpalette. Anwendung finden Produkte von Röhr + Stolberg rund um den Globus, in Bethlehem und Tschernobyl ebenso wie in Australien.

Fokus auf die Technik

Das neue Markenbild zeigt einen Strom aus flüssigem Blei, dessen Verlauf durch die dunklere Färbung den Veredelungsprozess zeigen soll.
Das neue Markenbild zeigt einen Strom aus flüssigem Blei, dessen Verlauf durch die dunklere Färbung den Veredelungsprozess zeigen soll. (Quelle: Röhr+Stolberg GmbH)

Die jüngste Neuerung betrifft vor allem das Erscheinungsbild. Nach vielen Jahren hat sich das Unternehmen im Segment Walzblei von der sinnlichen Venus als Werbeträgerin in Schwarzweiß getrennt, um das Augenmerk auf die technische Expertise zu legen, die in dem Produkt Venusblei steckt. Das neue Markenbild zeigt die wesentlichen Produkteigenschaften. „Diese Eigenschaften haben wir in vier Stationen entlang des Produktionsprozesses übersetzt und daraus ein dynamisches Markenbild entwickelt“, erklärt Frank Köhler.

zuletzt editiert am 20.07.2022