Denkmalschutz: Nach über 40 Jahren seit der letzten größeren Restaurierung zeigten sich massive Schäden an Verblechungen von Gesimsen und Fenstergiebel. Klempnermeister Sören Triebel sorgte mit Handwerkskunst und 18 Tonnen Blei für langlebigen Wetterschutz.
Schloss Seehof ist die ehemalige Sommerresidenz und das Jagdschloss der Bamberger Fürstbischöfe. Die zweigeschossige Vierflügelanlage mit vier Ecktürmen entstand ab 1686 im Auftrag von Fürstbischof Marquard Sebastian Schenk von Stauffenberg nach Plänen von Antonio Petrini. Unter den Fürstbischöfen Franckenstein und Seinsheim wurde die zugehörige Parkanlage mit mehr als 400 Sandsteinfiguren von Ferdinand Tietz, darunter südlich des Hauptschlosses die Kaskade mit Wasserspielen, ausgestattet. Seit dem Erwerb im Jahr 1975 durch den Freistaat Bayern wird das Schloss durch das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege (BLfD) genutzt und seit 2003 durch die Bayerische Verwaltung der staatlichen Schlösser und Seen betreut. Erstmals nach Abschluss der grundlegenden Instandsetzung und Restaurierung von Schloss Seehof in den 1980er-Jahren wurden umfangreiche Instandsetzungsarbeiten an Dach und Fassade sowie den Umfassungsmauern des Parks zur Erhaltung der historischen Bausubstanz und Verkehrssicherheit erforderlich. Seit dieser Zeit bis zur Schadenskartierung 2018 hatte insbesondere die Außenhülle durch Witterungseinflüsse starke Abnutzungserscheinungen erlitten, die umfassende Instandsetzungsarbeiten an Dach und Fassade erforderten. Hinzu kamen Sanierungen von Parkmauern sowie umfangreiche restauratorische Maßnahmen an der Ausstattung des Schlossparks. Zur Planung und Realisierung der Maßnahme wurde das Architekturbüro ProDenkmal beauftragt. Von den Standorten Bamberg, Schwerin und Berlin plant und realisiert ein interdisziplinäres Team Projekte für öffentliche und private Auftraggeber mit dem Schwerpunkt Denkmalpflege.
Sanierung unter dem Wetterschutzdach
„Der vorgefundene Zustand des Schlosses entsprach ungefähr dem Zeitpunkt der letzten größeren Restaurierung vor etwa 40 Jahren. Die häufigsten Schadensbilder waren starke Verwitterungen an Turmkugeln und Materialermüdungen“, schildert Bauleiterin und Diplomrestauratorin Peggy Zinke von ProDenkmal: „Viele fehlerhaft ausgeführte Metallarbeiten an hunderten Metern Anschlüssen, Gesimsen und sonstigen Abdeckungen verursachten massive Dehnungsschäden und damit Wassereinbrüche in die Bausubstanz.“ Für den ersten von insgesamt drei Bauabschnitten wurden die westlichen Türme und die Fassaden eingerüstet. Ein extra errichtetes Wetterschutzdach schützte die darunterliegenden Museumsräume vor Witterungseinflüssen während der Sanierungsarbeiten. Darunter wurden alle Schiefereindeckungen komplett erneuert, da sie bereits erhebliche Alterungsmerkmale aufwiesen und die Befestigungen der Schieferplatten an vielen Stellen nicht mehr sturmsicher waren. Das gesamte Hauptdach sowie die Ecktürme und Dachgauben wurden in der bauzeitlichen „Altdeutschen Deckungsart“ von der Dachdecker- und Zimmererfirma Donath aus Wonsees neu eingedeckt.
Historisch rekonstruiert
Den Auftrag für die denkmalgerechte Restauration und Erneuerung von Metallornamenten sowie den verschiedenartigen Abdeckungen erhielt die Bauklempnerei Triebel aus Schneeberg im Erzgebirgskreis. 1978 als klassischer SHK-Betrieb von Heinz Triebel gegründet, liegen die Leistungsschwerpunkte heute ausschließlich im Bereich Metalldächer, Metallfassaden und Bauklempnerei. In der Referenzliste befinden sich komplexe Sanierungsarbeiten an historischen Bauwerken, bei denen der Werkstoff Blei eine Rolle spielte. Hierzu zählen der St. Bartholomae Dom in Frankfurt, die Burg Parsberg in Bayern und die Neue Residenz in Bamberg. Mit dem Schloss Seehof kam in Bamberg nun noch eines hinzu. „Das Ziel der Restaurierung war, Schadstellen im Bereich der Gesimse, der Anschlüsse im Dachbereich und im Bereich der Türme zu reparieren oder zu ersetzen. Andere Bereiche, wie Brüstungsabdeckungen und die Abdichtung der Balkone, sollten komplett neu hergestellt und so weit wie möglich nach historischem Vorbild rekonstruiert werden“, beschreibt Inhaber Sören Triebel seine mittlerweile vollendete Bauaufgabe. Wie sich herausstellte, beinhaltete das, was noch zu retten war, einen erheblich kleineren Teil des Auftrags. Am Ende verarbeitete der Klempner- und Installateurmeister rund 18 Tonnen Venusblei in 2,0 Millimetern Dicke für 970 Meter Abdeckungen an Gesimsen und an Rund- und Spitzgiebeln.
Anschlüsse zurückschneiden und ersetzen
Zunächst bearbeitete Firma Triebel die erhaltenswerten Gesimsabdeckungen. Dabei wurden nahezu alle Wandanschlüsse überarbeitet, vorgewölbte, nicht mehr regensichere Aufkantungen zurückgeschnitten und durch neue abgewinkelte Bleistreifen ersetzt. Die aufliegenden Überlappungen wurden nach dem Säubern verschweißt, die 40 Millimeter hohen Aufkantungen an der Wand mit geeigneten Edelstahl-Dichtschrauben an der aufgehenden Wand fixiert. „Es reichte gemäß den Vorgaben des Denkmalschutzes aus, die 40 Millimeter hohen Aufkantungen in engen Abständen zu fixieren und mit dem Klopfholz ‚satt‘ an die oft komplizierte Struktur der Wand anzuformen. Die erforderliche Regensicherheit wurde erfahrungsgemäß als ausreichend bewertet. Eine Standardausführung mit Kappleisten und verstemmten Bleifugen war aufgrund der extrem hohen Anzahl an Eckausbildungen und Rundungen weder technisch sinnvoll und wirtschaftlich umsetzbar noch denkmalgerecht“, schildert Sören Triebel.
Darüber hinaus bauten die Klempner in vielen geraden Abschnitten sowie an jeder Fensterlaibung und Gesims-Ecke zusätzliche Flachschiebenähte ein. Auf diese Weise sind jetzt schadlose Dehnungsbewegungen der Gesimsabdeckungen möglich. Der Abstand beträgt überall lediglich 1,5 bis maximal 2,0 Meter. Für die Rückformung von Verformungen an Bleiblechen kamen Klopfhölzer, Holz- und Schonhämmer sowie Setzeisen zum Einsatz. Teilweise mussten bei flächigen Verformungen zusätzliche Bleibleche hinterlegt werden. Auf allen verbliebenen und erneuerten Simsen und Abdeckungen wurden kleinere Verformungen geduldet und belassen. „Diverse Anschlüsse am Mauerwerk und der Fassade, teilweise aus Sandstein, mussten durch Anklopfen mit Klopfhölzern nachgesetzt werden.“
Dübel ohne Druck
„Wir mussten stets auf die geeignete Befestigungstechnik achten, damit der in den Randbereichen sensible Sandstein nicht wegplatzt. Deshalb mussten wir auf vielen Metern auch Klebedübel verwenden, die keine Spannungen verursachen oder Druck ausüben“, so Sören Triebel. Dies war zumeist dort der Fall, wo Abdeckungen und Gesimse komplett erneuert wurden. Dort entschied sich die Bauleitung für einen Werkstoffwechsel zum sogenannten „Venusblei“. Dies zeichnet sich durch seine speziell veredelte Oberfläche aus – es handelt sich also um eine Vorbewitterung und ist keine Beschichtung. Die Veredelung verhindert die für Blei typische Bildung von Bleiweiß in der anfänglichen Phase der Freibewitterung. Die Verlegung der neuen Abdeckungen erfolgte indirekt mit Vorstoßblechen aus Edelstahl und auf Trennlagen. Somit sind Sandstein und Bleiblech konstruktiv getrennt. Die Vorstoßbleche wurden vorgebohrt, um Vibrationen auf den Sandsteinsimsen so gering wie möglich zu halten. Die Fixierung erfolgte vielfach mit Klebedübeln, wie oben beschrieben, oder mit Schraubdübeln, die keine extreme Spreizung aufweisen.
Balustraden filigran verbleit
Besonderes klempnerhandwerkliches Geschick erforderten die zahlreichen Zier- und Balkonbalustraden. Die vorhandenen Abdeckungen und Verwahrungen zwischen den Balustern (Geländerstützen) mussten komplett entfernt werden. Sie waren nicht mehr regensicher und die Abtropfkante an vielen Stellen unterbrochen. Auch hier wurden zur Befestigung der filigranen Bleiverwahrungen Vorstoßbleche aus Edelstahl mit der notwendigen Vorsicht am Sandstein fixiert. Die Balustraden sind mit Venusblei abgedeckt und die Einzellängen mittels Flachfalz mit Dichteinlage verbunden.
Dachlaternen neu verwahrt
Die Bestandsbleche aus Blei bei beiden Dachlaternen in den Türmen waren aufgrund der langen Standzeiten in einem sehr schlechten Zustand. Für eine Aufarbeitung oder punktuelle Restaurierung war es zu spät. Die vorhandene Materialstärke betrug nur noch ca. 0,5 mm. Zudem waren schon mehrere Bleche an den Anbindungen der Pfeiler durchbrochen. Die Neuverlegung der Fläche im Inneren der Türme erfolgte mit Venusblei als einfacher Falz mit verdeckten Haften aus Kupferblech. Da der Turmgrundriss ein Oktogon darstellt, wurde die Anordnung der kleinen Schare dementsprechend aufgeteilt. Die Ausschnitte der Pfeiler wurden etwa 60 bis 70 mm hochgeführt und an allen Seiten verschweißt. Die Arbeiten erfolgten nach der Sanierung des Holzes (Eiche), um eine nachträgliche Beschädigung der Bleche zu vermeiden. Die in beiden Türmen integrierten historischen Hammergeläute mussten demontiert und in der Werkstatt neu aufgearbeitet werden. Die Montage der restaurierten Hammergeläute erfolgte im Zuge der Fertigstellung der Klempnerarbeiten.
Naturgold für die Turmbekrönung
Die verwitterten Turmbekrönungen, bestehend aus Zierstab, Kugel und Wetterfahne, wurden im Laufe der Sanierung fachgerecht demontiert. „Die Kugeln bestehen aus zwei zusammengefügten Halbschalen mit handgetriebenen Verzierungen. Nach dem Verwitterungsgrad und den handwerklichen Ausführungen handelt es sich wohl um Originale aus der Zeit um 1693 bis 1695“, ist sich Sören Triebel ziemlich sicher. Die Haltestäbe wurden entrostet und mit einem zweifachen PU-Farbanstrich versehen. Teilweise mussten neue Spannringe aus Schmiedestahl über dem Kaiserstiel montiert werden. Der zylinderförmige Schaft der Turmkugel wurde gelagert, aufgearbeitet und wieder montiert. Der untere Anschluss an die Schieferdeckung erfolgte jetzt mit einer Manschette aus Venusblei und ist somit wartungsfrei und dauerhaft dicht. Nach der Vergoldung der Kugel, Wetterfahne und Zierspitze wurden die Ornamente dem Bauablauf folgend wieder neu montiert. „Die Vergoldung samt Schaft der Wetterfahne und der Spitze erfolgte mit Blattgold – Naturgold 24 Karat, dreifach stark bzw. extra stark ausgeschlagen. Das Gewicht betrug 33 g pro 1.000 Blatt. Verarbeitet haben wir insgesamt exakt 4.352 Blatt, das entspricht 4,34 Feinmünzen Gold“, ergänzt der Klempnermeister.
Schloss Seehof im neuen Glanz
Nach dem Abschluss der Klempner- und Dachdeckerarbeiten erfolgte die Reinigung der Putz- und Natursteinflächen. Schadhafte Stellen werden durch Ergänzungen mit Kalkputz ersetzt, die noch bauzeitlichen Putzreste werden gefestigt und hinterfüllt, um den Bestand zu erhalten. Außerdem erfolgt eine Erneuerung des Fassadenanstrichs in historischer Technik. Mit dem Anstrich der insgesamt rund 240 Holzfenster und 96 Fensterläden wurden die Sanierungsarbeiten 2024 abgeschlossen. Nicht nur deshalb ist das Schloss mit neuem Glanz eine Reise wert!
Weitere Informationen:
www.schloesser.bayern.de
www.prodenkmal.de
www.bauklempnerei-triebel.de












